KI-Trainerin Kristina Bodrožić-Brnić spricht im Interview mit Mittelstand-Digital im Themenhub 1/24: „KI-Readiness“ darüber, wie kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) bei der Einführung von Künstlicher Intelligenz (KI) vorgehen sollten. Diese ist oft verbunden mit Fragen und Ängsten seitens der Belegschaft. Daher ist die Mitnahme der Mitarbeitenden im Prozess der Einführung neuer Technologien besonders wichtig. Sie fördert Vertrauen und Verständnis in die KI.
Frau Bodrožić-Brnić, warum ist es wichtig, die Mitarbeitenden mit an Bord zu haben, wenn es um die Integration von KI ins Unternehmen geht?
Die Mitarbeitenden sind das Herzstück eines Unternehmens. Im traditionellen Verständnis von Unternehmen setzen sie die Visionen der Geschäftsführung um. In modernen Systemen haben sie oft mehr Entscheidungsfreiheiten in ihren Verantwortungsbereichen. Mitarbeitende sind das Team und dürfen sich als Teil des Unternehmens fühlen. Für sie ist die Vision des Unternehmens mit dem Erschließen eigener beruflicher Potenziale verbunden. Es liegt nahe, das Herzstück im Unternehmen, also die Mitarbeitenden, über die Nutzung von Künstlicher Intelligenz im Unternehmen erstens zu informieren, zweitens entsprechend vorzubereiten und drittens zu schulen.
Mit welchen Folgen müssen Unternehmen rechnen, wenn sie die Belegschaft nicht frühzeitig in die KI-Integration einbeziehen?
Eine große Gefahr ist das Aufkommen von Vorurteilen. Das hängt aber immer auch stark vom Einsatzgebiet der KI ab. Ein gutes Beispiel dafür ist die Nutzung von KI zur Überwachung von Aufgaben, mit dem Ziel der Effizienzsteigerung, etwa in der Gastronomie oder im Einzelhandel. Wird die KI quasi von heute auf morgen einfach eingesetzt, weckt man damit unweigerlich die Angst bei den Mitarbeitenden, von der KI fremdgesteuert, kontrolliert oder überfordert zu werden. Die Beschäftigten fühlen sich dann auch oft nicht gesehen oder wertgeschätzt. Unternehmen sollten bei der Einführung neuer Technologien daher von vornherein ethische Fragen abklären und über das Personalwesen Mitarbeitende vorbereiten. In der Praxis bewährt haben sich dafür etwa Workshops, bei denen das Thema KI auf kreative und spielerische Weise angegangen werden darf.
Sollten Mitarbeitende in der Gestaltung der KI einbezogen werden?
Was Sie ansprechen, hängt vom Zeitpunkt ab. Die Mitnahme von Mitarbeitenden können Sie grob in vier Phasen einteilen:
- In der Startphase geht es darum, ein Verständnis für die Ziele und den Zweck der KI-Anwendungen zu schaffen. In dieser Phase sollten Ängste abgebaut und ein gemeinsames Verständnis von KI entwickelt werden. Ein Tipp ist, eine Roadmap zu erstellen, die zeigt, wie KI die Arbeit im Laufe der Zeit erleichtern und verbessern kann.
- In der zweiten Phase geht es um das Design der KI-Systeme. Können die Mitarbeitenden beispielsweise verstehen, wie die Ergebnisse der KI-Anwendung zustande kommen? Wie steht es um den Datenschutz? Fragen der Transparenz, der Arbeitsteilung und Nachvollziehbarkeit sollten bereits in dieser Phase geklärt werden. Workshops dazu bieten Ihnen die Möglichkeit, Feedback zum Design und zur Funktionsweise der KI-Systeme zu integrieren.
- Schulungen und Qualifizierungen sind dann die zentralen Bausteine der dritten Phase. Wenn es etwa um das Einspeisen von neuen Daten geht, bestimmte Arbeitsbereiche durch den KI-Einsatz eine starke Veränderung erfahren oder Aufgaben automatisiert werden, müssen die betroffenen Personen geschult werden. Sorgen Sie dabei für einen Rahmen, der ein selbstständiges und möglichst sorgenfreies Ausprobieren ermöglicht. Ein Schulungsprogramm sollte nicht nur technische Fähigkeiten vermitteln, sondern auch die Bedeutung von KI für die strategische Ausrichtung des Unternehmens hervorheben und Raum für individuelle Erfahrungen lassen.
- Damit bereiten Sie auch schon die vierte Phase der kontinuierlichen Evaluation und Optimierung vor. Nutzen Sie regelmäßige Feedback-Sessions, um von den Erfahrungen der Mitarbeitenden zu lernen und die KI-Integration kontinuierlich zu verbessern.
Wann ist der richtige Zeitpunkt, die Mitarbeitenden einzubeziehen, und mit welchen Maßnahmen gelingt das am besten?
Das kommt ganz auf das Unternehmen an, auf die Branche, die bisherige Kultur und Größe des Betriebs. Handelt es sich um ein kleineres Unternehmen von bis zu 20 Mitarbeitenden, kann dies gleich bei der anfänglichen Planung geschehen. Bei größeren Unternehmen ab vielleicht 40 Mitarbeitenden und mehr lohnt es sich, einen KI-Arbeitskreis zu etablieren und darin geeignete Use Cases zu reflektieren und eine Roadmap zu erstellen. Ich nenne den Arbeitskreis auch gerne „Dream Team“ wie damals im Basketball. Man sollte im eigenen KI-Dream-Team von Anfang an Mitarbeitende aus allen Abteilungen haben. So findet man heraus, welche Fragen man auf dem Weg klären muss, um eine realistische Roadmap für die Einführung von KI zu gestalten.
Das vollständige Interview finden Sie im Themenhub 1/24 „KI-Readiness“ von Mittelstand-Digital.
Lesen Sie auch unseren praktischen Leitfaden zum Thema Mitarbeitende bei KI-Implementierungen mit an Bord nehmen.