New Work: Welche Herausforderungen beschäftigen den Mittelstand?

Wegweiser in die Zukunft

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17. November 2022 | Von Isabelle Bickham

New Work (dt. Neue Arbeit) bezeichnet den Wandel der Arbeitswelt und unseres Arbeitsalltags: ob mobiles und flexibles Arbeiten, Selbstverantwortung der Mitarbeitenden, Veränderung von Kompetenzen und Karrierewegen oder die Einbindung von digitalen Helfern. Beim Barcamp „New Work im Mittelstand“ haben die Teilnehmer*innen intensiv diskutiert: Wie sieht der Arbeitsplatz und das Zusammenarbeiten der Zukunft aus? Was bedeutet dies für die Führung eines Betriebes? Wie können Widerstände überwunden und Mitarbeiter*innen integriert werden? 

Die Teilnehmenden waren sich einig, dass ein langfristig erfolgreicher Betrieb das Miteinander und die Zusammenarbeit, aber auch Motivation, Offenheit, Kreativität, Nachhaltigkeit und Transparenz leben muss. Wie bei Barcamps üblich haben die mittelständischen Unternehmer*innen die Agenda selbst entwickelt, so dass in den Sessions sehr unterschiedliche Perspektiven diskutiert werden konnten.

Im Folgenden finden Sie einige unserer Erkenntnisse aus dem Erfahrungsaustausch der Veranstaltung, die von den Mittelstand-Digital-Zentren Kaiserslautern, Hamburg und unserem Zentrum Zukunftskultur organisiert wurde.

1. Innovationsflaute: Eine konstruktive Fehlerkultur fördert den Erfolg des Unternehmens

Die Herausforderung:
In vielen Unternehmen wird eine positive Fehlerkultur noch nicht gelebt. Monatliche Fehler-Reportings können jedoch die Mitarbeitenden lähmen und Angst, Druck und ein hohes Stresslevel bereiten. Die Folge: Die Kollegschaft ist dadurch weniger selbstständig, weniger risikobereit und vermeidet es, Entscheidungen zu verantworten. Ein „um die Ecke denken“ und die Motivation, Neues auszuprobieren werden dadurch blockiert. All dies kann dazu führen, dass ein Unternehmen sein volles Potenzial nicht ausschöpft. Unzufriedenheiten im Team können zudem zu Ausfällen, Burnout und hohen Fluktuationen führen.

Ein Lösungsansatz:
Eine konstruktive Fehlerkultur in einem Unternehmen zu leben, bedeutet Fehler zu akzeptieren und anzunehmen. Unternehmen können durch Fehler neue Erfahrungen sammeln und davon profitieren. Sie sind wichtiger Teil von Lern- und Entwicklungsprozessen, betrachten Vorgänge und Denkweisen neu und zu optimieren diese. Besonders erfolgreich zeigt sich dabei ein mit den Mitarbeitenden gemeinsam entwickelter Prozess, welcher das Lernen aus Fehlern ermöglicht. Eine offene und vertrauensvolle Umgebung ist dabei die Basis, um über Probleme und Fehler zu sprechen. Hier kann es zum Beispiel auch helfen, von einer Irrtumskultur (statt Fehlerkultur) zu sprechen.

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2. Onboarding im Home Office: Wie gelingt die digitale Einarbeitung?

Die Herausforderung:
In Zeiten von Homeoffice und mobilem Arbeiten ist die Einarbeitung neuer Kolleg*innen komplexer geworden. Die Werte eines Unternehmens, besonders zum Thema Arbeit, Teamwork und Wohlbefinden der Mitarbeitenden, können oftmals über die fehlende soziale Nähe schwieriger übermittelt werden. Dies ist oftmals fatal, denn sie geben den Ton für die Zusammenarbeit und die Übernahme von Verantwortung im Unternehmen an. Gleiche Herausforderungen gelten für Umgangsformen in der Kommunikation, ob intern unter den Kolleg*innen, oder extern mit der Kundschaft. Zudem fühlen sich neue Mitarbeiter*innen im Homeoffice oftmals zu wenig betreut und eingebunden. Die direkte Selbstorganisation in einer neuen Stelle empfinden sie als überfordernd und die emotionale Nähe zum Betrieb kann schwieriger aufgebaut werden.

Ein Lösungsansatz:

Als ersten Ansatz kann es Unternehmen helfen, bereits im Recruitingprozess die Werte eines Unternehmens vorzustellen. Wichtig: Das geschieht nicht erst im Vorstellungsgespräch, sondern z.B. schon auf der eigenen Website oder in den Stellenausschreibungen. Eine Idee für die Onlinekommunikation war, Mitarbeitende in kurzen Videos zu Wort kommen zu lassen. Ein authentisches Recruiting und ein ehrliches Erwartungsmanagement unterstützen das spätere Onboarding.

Auch die Zeitinvestition in eine gut durchdachte Einführung zeigt sich hier besonders erfolgreich: Strategische Konzepte zum Onboarding helfen, damit neue Mitarbeiter*innen nicht im Arbeitsalltag der Kollegschaft untergehen. Dabei kann ein Buddy- bzw. Mentoring-System die Betreuung neuer Mitarbeitender vereinfachen. Die Ansprechperson kann sich bereits vor Antrittsbeginn um die Ausstattung kümmern, Vorstellungsrunden planen und auch Faktoren des so genannten „Cultural Fit“ im Auge behalten. Wichtig ist dabei, dass für diese Rolle des Mentorings auch genügend Zeit freigestellt wird, um die Einführung vorzubereiten und durchzuführen. Durch Checklisten wird verhindert, dass die Rolle immer wieder neu interpretiert werden muss. Besonders wichtig in der Umsetzung ist dann auch der persönliche Kontakt in Präsenz. Einzelne Strategie- & Austauschstage vor Ort fördern neben den beruflichen auch die persönlichen Beziehungen unter den Kolleg*innen und die Einbindung in das Team.

Der Begriff „Cultural Fit“ (dt. „kulturelle Übereinstimmung“) stammt aus der Personalpsychologie. Er beschäftigt sich mit der Übereinstimmung der Wertevorstellung und Verhaltensweisen zwischen Arbeitgebenden und Bewerber*innen, bzw. Arbeitnehmer*innen. Passt der/die Kandidat*in zu unserer Unternehmenskultur? Voraussetzung ist dabei eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Unternehmenskultur und den gelebten Wertvorstellungen und Handlungsweisen.

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3. Widerstände auflösen: Der Weg des Miteinanders

Die Herausforderung:
„New Work: Ist ja alles ganz nett, aber mit meinen Leuten klappt das nicht.” Unter diesem Schlagwort wurde diskutiert, dass zwar viele Unternehmen die Vorteile neuer Arbeitsformen sehen, die Umsetzung sich hingegen in einem konkreten Team oft als schwierig zeigt. Was also tun, wenn Anteile in der Kollegschaft neue Arbeitsformen wie z.B. die virtuelle Zusammenarbeit oder agile Methoden ablehnen?
Ein Lösungsansatz:

Neue Arbeitsweisen starten in der Führungsebene. Diese sollte stets als Beispiel vorangehen und die Mitarbeitenden für Veränderungen motivieren und vor allem das Neue vorleben und Erarbeitetes konsequent für sich umsetzen. Dabei gehen Veränderungen nur in kleinen Schritten und sollten langfristig geplant werden – dies geschieht umso erfolgreicher, je mehr solcher Veränderungen durch die Beschäftigen in möglichst interdisziplinären Teams selbst erarbeitet werden. Zusätzlich können Schulungen für Sicherheit sorgen und flexible Eingewöhnungszeiten können helfen, alle Mitarbeitende mitzunehmen. Das Miteinander im Team zeigt sich hier als besonders wichtig, wie auch ein aktiv gezeigtes Verständnis für individuelle Herausforderungen. Neue Aufgaben können dabei bewusst an Mitarbeiter*innen übergeben werden: Wer hat Lust, Zeit und die geeignete Qualifikation, sich dem neuen Thema zu nähern? So können bestimmte Kolleg*innen die anstehenden Veränderungen testen und die Einstiegshürde durch positive Erfahrungen senken. 

Unser Lesetipp zum Thema:

Unsere Themensammlung rund um Veränderungsprozesse in Unternehmen

4. Generation Z: Neue Anforderungen an die Arbeitswelt der Zukunft 

Die Herausforderung:
Die Generation Z (*1996 – 2010, also in 2022 12-26 Jahre alt) strömt nun vermehrt auf den Arbeitsmarkt. Allerdings zeigen Studien und die Erfahrung der Teilnehmenden, dass diese Generation neue Erwartungen und Anforderungen an die arbeitgebenden Unternehmen hat. Anders als die Generation Y (*1981-1995) gibt es für viele in der Gen Z wieder eine klarere Trennung von Arbeit und Freizeit, sie ist auf der Suche nach einer positiven Work-Life-Balance. Die Gen Z ist technologieaffin und immer online, ungeduldig und fordernd, gesundheits- und umweltbewusst. Diese neue Mitarbeiter*innen orientieren sich nach Selbstverwirklichung und Selbstliebe, aber auch nach einem nachhaltigen gesellschaftlichen Beitrag – den persönlichen, aber auch den des Arbeitgebenden. Die emotionale Erfüllung im Beruf, das eigene Wohlfühlen, ist bei der Arbeit wichtig. Dabei begleitet der Widerspruch zwischen Sicherheit und Freiheit die Generation Z. Wie können kleine und mittlere Unternehmen diesen Erwartungen begegnen? 

Ein Lösungsansatz:

Unternehmen, die sich aktiv mit den Sorgen (Umwelt, Krieg, Arbeitslosigkeit) und den Bedürfnissen (Selbstverwirklichung, Work-Life-Balance, Nachhaltigkeit) der Generation Z beschäftigen, sichern langfristig ihre Attraktivität als Arbeitgebende. Auf der Firmenwebsite kann zum Beispiel der Umgang mit diesen Herausforderungen aktiv angesprochen werden. So kann ein Unternehmen Vertrauen zu den zukünftigen Mitarbeitenden aufbauen. Flexible Aufgabenprofile, Interesse und Förderung von neuen Ideen und Beteiligung unterstützen die Identifikation mit dem Betrieb. Durch eine offene Kommunikation und eine gelebte Wertschätzung kann eine langfristige Bindung zum Unternehmen entstehen. Wichtig dabei ist auch: Die geschilderten Werte und Erwartungen werden in der Generation Z häufig formuliert, dennoch sind natürlich Menschen individuell zu betrachten, weshalb aus Sicht der Teilnehmenden der Punkt der Beteiligung so wichtig ist.

Unser Lesetipp zum Thema:

Generation Z – die Arbeitnehmer von morgen
Ausgewählte Ergebnisse der Recruiting Trends 2020, einer empirischen Unternehmens-Studie mit den Top-1.000-Unternehmen aus Deutschland sowie den Top-300-Unternehmen aus der Branche IT und der Bewerbungspraxis 2020, einer empirischen Kandidaten-Studie mit Antworten von über 3.500 Kandidaten.

Ein Schlusswort

Unsere Erfahrungen mit dem Kommunikationsformat „Barcamp“ sind durchweg positiv. Die offene Kommunikation auf Augenhöhe und die freie Themenwahl fördern den aktiven Austausch unter den Teilnehmenden und stellen die Erfahrungen der Gruppe in den Mittelpunkt. Dabei können viele Anregungen und neues Interesse gewonnen werden. Dies ist ein wichtiger Baustein in der Arbeit unseres Zentrums. Informieren Sie sich gerne über unsere anstehenden Veranstaltungen, oder in unserem regelmäßigen Newsletter. Wir bedanken uns bei allen Teilnehmenden und Partnerinstitutionen!

„Das Barcamp zum Thema New Work in 3 Worten beschrieben: inspirierend, energiegeladen, ideenreich. Eine tolle Veranstaltung mit inspirierenden & kurzweiligen Sessions und vielfältigen & spannenden Leuten. Die Energie im Raum war ansteckend. Neue Ideen wurden geboren, neue Blickwinkel generiert, Horizonte erweitert. Danke dafür. Ich bin sehr gerne das nächste Mal wieder dabei.“

Sandra Karner, Team-Performance Coach

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