Prozessoptimierung mit AR beim 3D-Druck

Bildquelle: Sturm GmbH


12. Dezember 2023 | Von Marie Graw

Ein Unternehmen geht die Prozessoptimierung von 3D-Drucken mittels AR-Technologie an.

AUSGANGSLAGE

Das Unternehmen STURM® INDUSTRIES aus Duisburg unterstützt produzierende Unternehmen mit innovativen Technologielösungen sowie digitalen Industriedienstleistungen in den Themenfeldern Produktentwicklung, Produktion und Instandhaltung. Das Leistungsspektrum wird in den Modulen Manufacturing, Engineering und Metrology abgebildet. Anwendungen und Lösungen des Unternehmens werden unter anderem in additiv gefertigten Endprodukten, digitalen Betriebsmitteln und Ersatzteilen und einer produktionsbegleitenden 3D-Qualitätskontrolle genutzt.

HERAUSFORDERUNG

Der Prozess des 3D-Druckens war im Unternehmen nicht hinreichend digital integriert. Aufgrund von Medienbrüchen im Produktionsmanagement wurden Aufträge und Arbeitsschritte mittels auf Papier gedruckter Arbeitshefte und laminierter Checklisten (u. a. zur Maschinenwartung) dokumentiert und abgearbeitet. Langes Blättern und Suchen von Informationen lag somit an der Tagesordnung.

Da bei einem Druckdurchgang Teile aus unterschiedlichen Kund*innenaufträgen zusammen gedruckt werden (Ziel hierbei ist es, so kosteneffizient wie möglich zu operieren – also das druckbare Volumen bei jedem Druck, unter Berücksichtigung technischer Limitationen der Maschinen, bestmöglich auszunutzen), entsteht ein hoher (Zeit-)Aufwand, alle gedruckten Teile den richtigen Kund*innenaufträgen und den dazugehörigen richtigen Nachbearbeitungsschritten (bspw. Schleifen, Schneiden, Färben etc.) zuzuordnen.

Aufgrund der oben genannten fehlenden digitalen Integration mittels adäquater Planungssoftware erfolgen die Planung und das Dateimanagement für Kund*innenaufträge und Druckdurchgänge mittels Vorlagen für Windows-Ordner-Strukturen und auszudruckenden Word-Dokumenten.

Wie ein solcher Prozess bisher aussah, zeigt das nachfolgende Schaubild:

Produktionsprozess 3D-Drucker
Bisheriger Produktionsprozess bei der Sturm GmbH / Quelle: FTK e. V.

IDEEN & BEDENKEN

Die Idee des Unternehmens war es einerseits, eine Verbesserung der Prozessqualität für die Fertigung von Kleinserien mittels additiver Fertigung zu entwickeln. Andererseits gehörten jedoch auch die Unterstützung bei der Verbreitung von additiven Produktionsmethoden mittels Ingenieursdienstleistungen in dem Bereich zu den Zielen. Um dies zu erreichen sollten analoge Prozesse digitalisiert und besser integriert werden. Die daraus resultierende Schließung von Medienbrüchen ermöglicht eine nahtlose und vollständige Dokumentation und verbessert die Skalierbarkeit der Prozesse.

Unser Ziel war es, Fertigungsprozesse weniger zeit- und kostenintensiv als bisher laufen zu lassen. Auch wollten wir medienbruchfrei und ohne große Abfallmengen produzieren. Hier haben wir uns an das Mittelstand-Digital Zentrum Zukunftskultur gewandt und freuen uns sehr, nun auf eine AR-gestützte Fertigungsumgebung für 3D-Druckaufträge vertrauen zu können, mit der es gelingt, genau diese Ziele umzusetzen.“
Markus Sturm, Geschäftsführer, STURM GmbH

Jedoch gab es auch folgende Risiken und Bedenken:

  • Hohe Investitionskosten für die Sturm GmbH
  • Kein Wissen über die Nutzung einer AR-Anwendung seitens der zukünftigen Anwender*innen
  • 3D-Druckmodelle sind sehr detailreich
  • Angewiesen auf Hilfe von Expert*innen von außen

HILFE DURCH DAS ZENTRUM

Das Mittelstand-Digital Zentrum Zukunftskultur half dabei, Potenziale zu identifizieren und erste Schritte in Richtung einer AR-Anwendung in Form eines Demonstrators für einen Prozess aus der Bauteilfertigung umzusetzen. Über den Demonstrator wird gezeigt, wie eine AR-gesteuerte Unterstützung dabei helfen kann, vertrauenswürdige automatisierte Prozesse bei 3D-Druckaufträgen für verschiedene Kund*innen zu realisieren.

Entstanden ist der Kontakt zwischen der Sturm GmbH und dem – damals noch Mittelstand-4.0 Kompetenzzentrum Kommunikation – Mittelstand-Digital Zentrum Zukunftskultur beim „Praxistag Additive Fertigung“ im Herbst 2019 in Duisburg. Beide Parteien hatten an eigenen Ständen ihre Technologien präsentiert. Markus Sturm, Geschäftsführer des Unternehmens, ist dabei auf einen Demonstrator des Zentrums aufmerksam geworden. Der Demonstrator zeigte eine AR-App für Mobilgeräte. Damit können in Echtzeit Daten über einen 3D-Drucker als visuelle, um den Drucker schwebende „Augmentations“ eingesehen und analysiert werden. Nach einem ersten Austausch wurde schnell deutlich, dass sich dieses Werkzeug auch bei der Sturm GmbH einsetzen ließe. So wurde der Demonstrator in Zusammenarbeit mit der Sturm GmbH weiterentwickelt und auf die speziellen Bedarfe des Unternehmens angepasst.

LÖSUNGEN

Die physischen Dokumente (Checklisten an den Maschinen und Produktionsplänen) sollen durch einen AR-Produktionsassistenten ersetzt werden. Dieser Assistent kann erforderliche Informationen strukturiert und „hands-free“ anzeigen.

Hologramm mit Weiterverarbeitsungsschritten

Diese Funktion lässt sich auch auf die Zuordnung gedruckter Objekte zu Bearbeitungsschritten oder Kund*innen anwenden. Anstelle in einem Arbeitsheft oder am Computer nach einer Objektbeschreibung oder einem Screenshot der Vorlage zu suchen, können diese mit dem AR-Produkt in Echtgröße als Hologramme angezeigt werden (inklusive einer vollständigen Visualisierung des Druckraumes), was die Identifikation erleichtert.

Des Weiteren sollten im Sinne der Prozesssicherheit Aktionen wie die Durchführung eines Produktionsschrittes oder einer Wartung verlässlich nachgehalten werden. So sollten eine Prozessstabilität, einfacheres Onboarding sowie eine lückenlose Dokumentation sichergestellt werden.

Auch eine effizientere Nutzung des Druckraumes sollte mittels eines algorithmischen Lösungsansatzes angegangen werden, da neben der Produktion selbst auch die Produktionsplanung einen erheblichen Aufwand erfordert.

Der neu gestaltete Prozess ist hier zu sehen:

Prozess 3D-Drucker neu
Neuer Produktionsprozess mit AR-Anwendung im Produktionsassistenzsystems / Quelle: FTK e. V.

ERGEBNIS

Was zeigt der Demonstrator genau?

Der Demonstrator zeigt einen vereinfachten integrierten Produktionsprozess über verschiedene  Mitarbeiter*innen-Rollen hinweg. Ein*e Ingenieur*in erstellt an einer Arbeitsstation einen Produktionsplan für einen komplexen 3D-Druckauftrag für mehrere Kund*innen. Die Werker*innen in der Produktion werden mittels erweiterter Realität (Augmented Reality) durch den Produktionsprozess geführt, können aus selbigem den Prozess steuern und IoT-Daten aus dem laufenden Druckprozess einsehen. Zusätzlich wird das Werkstück zusammen mit relevanten Zusatzinformationen (z. B. Zugehörigkeit Bauteil zu Kund*innenauftrag oder Nachbearbeitungsschritte) versehen.

Was genau mit der AR-Brille zu sehen ist und wie das Assistenzsystem funktioniert, wird im nachfolgenden Video veranschaulicht.

Die Anwendung selbst testen

Im Transferlabor des FTK – Forschungsinstitut für Telekommunikation und Kooperation e. V. in Dortmund kann der Demonstrator, angeleitet durch fachkundige Expert*innen, von interessierten Unternehmen getestet werden. Es ist auch möglich, den Demonstrator online vorgeführt zu bekommen und sich über die Einsatzmöglichkeiten der zugrunde liegenden Technologien im eigenen Unternehmen zu informieren. Über die eigentliche Demonstration hinaus besteht die Möglichkeit, sich mit Expert*innen zu den Technologien auszutauschen.

Kontaktmöglichkeit

Prof. Dr. Dominic Heutelbeck

dheutelbeck@ftk.de

+49 231 / 975056-0

SCHLAGWORTE