Digitale Zusammenarbeit und eine souveräne Außenkommunikation

Online-Meetings und -Events haben das Potential neue Geschäftsbeziehungen virtuell aufzubauen und zu pflegen. Auch die virtuelle Zusammenarbeit bietet viele Vorteile.

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3. Juni 2022 | Von Nele Karsten

Seit nun fast zwei Jahren findet in vielen Unternehmen die Zusammenarbeit im Team oder mit Geschäftspartner*innen fast nur noch online statt. Durch die vielen positiven Eigenschaften des Home-Offices glauben viele, dass diese Form der Zusammenarbeit in der Post-Corona-Ära erhalten bleiben wird. Dass eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit auch digital möglich sein kann, konnten viele Betriebe während der Lockdown-Einschränkungen schon beobachten. Insbesondere internationale Kontakte können so schneller hergestellt und leichter gepflegt werden. Dass das jedoch gelernt sein will, wurde in den letzten zwei Jahren ebenso deutlich.

Ein Verband der Automobilzulieferindustrie, der automotive BerlinBrandenburg e.V., hat es sich zur Aufgabe gemacht, seinen Mitgliedsunternehmen Hilfestellungen für eine souveräne digitale Präsenz und Außenkommunikation anzubieten. Dieses Anliegen kam mit verschiedenen Herausforderungen einher. Der Verband hat mit Hilfe von 3 Bausteinen neue Lösungsmöglichkeiten für sich entdeckt.

Der automotive BerlinBrandenburg e.V. (aBB e.V.) ist ein Verband der Automobilzulieferindustrie in der Hauptstadtregion und begleitet Unternehmen – größtenteils KMU – unter anderem bei der praxisnahen Konzeptentwicklung von Technologielösungen, fördert strategische Partnerschaften entlang der Wertschöpfungskette und informiert über Trends und Anforderungen der Automobilindustrie. 

Entscheidende Trends sind beispielsweise die Entwicklungen im Bereich des autonomen Fahrens und neuer Antriebstechnologien, wie die der Wasserstofftechnologie, welche in China massiv forciert werden. Durch diesen globalen technisch-technologischen Wandel in der Automobilindustrie stehen speziell die mittelständisch strukturierten Unternehmen in der Hauptstadtregion vor neuen Herausforderungen. Sie müssen ihre Vertriebskanäle international aufstellen und Geschäftsbeziehungen mit kulturellen Differenzen aufbauen und meistern. Gleichzeitig bieten sich für die regionale Wirtschaft in Berlin und Brandenburg mit ihrem spezifischen Know-how damit auch neue Chancen auf dem internationalen Markt. 

Genau hier setzt ein Internationalisierungsprojekt namens BeCAN des aBB e.V. an. Es bietet ein Netzwerk zur Förderung, Initiierung und Realisierung von Wirtschaftskooperationen mit chinesischen Unternehmen. Ziel des Netzwerks ist es, kleine und mittlere Unternehmen der Automotive Zulieferindustrie in dem sich neu strukturierenden internationalen Zuliefer- und Wertschöpfungsprozess erfolgreich zu positionieren.

Virtuelle Unterzeichungszeremonie der Kooperationsvereinbarung für das Internationalisierungsprojektes BeCAN vom automotive BerlinBrandenburg e.V.
Virtuelle Unterzeichungszeremonie der Kooperationsvereinbarung für das Internationalisierungsprojektes BeCAN vom automotive BerlinBrandenburg e.V.

Herausforderungen: Auf der Suche nach zukunftsfähigen Lösungen

Im Zuge der Covid-19 Pandemie wurde es für die Mitgliedsunternehmen nur noch wichtiger und essentieller ihre externe und interne Kommunikation zu digitalisieren und gleichzeitig auch zu professionalisieren. Die Vorteile der digitalen Zusammenarbeit sind dabei vielfältig: Lange Anfahrtszeiten und teure Dienstreisen sind betriebswirtschaftlich einfach nicht mehr zu rechtfertigen. Die höhere Flexibilität und Ortsunabhängigkeit steigert auch die Lebensqualität vieler Mitarbeiter*innen. 

Die digitale Zusammenarbeit brachte jedoch auch diverse Herausforderungen mit sich. Neue Kommunikationsregeln und eine selbstorganisierte Arbeitsweise mussten erst erlernt werden. Für viele erforderte das eine starke Umstellung ihrer Gewohnheiten. Wichtige Geschäftsbeziehungen wurden in der Regel persönlich gepflegt, auch wenn dies ab und an eine Fernreise, beispielsweise nach China, bedeutete. Die eigenen Produkte wurden auf nationalen und internationalen Messen beworben und Geschäftsbeziehungen entstanden durch aufwändigen Beziehungsaufbau ggf. unter Beachtung kultureller Gepflogenheiten. 

Von virtuellen Messen oder Veranstaltungen wurde noch Abstand genommen oder die versprochene Wirkung blieb aus. Sich digital souverän zu präsentieren und kommunizieren zu können ohne den festen Händedruck oder den lockeren Smalltalk bei einem Drink, stellte viele vor Herausforderungen. Erschwerend kam hinzu sich mit all den digitalen Tools und der damit verbundenen Technik auseinandersetzen zu müssen. Es brauchte also neue Kompetenzen, die stetig weiterentwickelt werden müssen. 

Hat eine virtuelle Messe oder ein virtuelles Event tatsächlich das Potential, neue Geschäftsbeziehungen über Ländergrenzen hinaus zu entwickeln und neue Geschäftspartner*innen zu gewinnen? Und worauf kommt es dabei an? Diese Fragen stellten sich viele der Mitgliedsunternehmen.

„Unternehmen, die sich für die vermehrte Online-Kommunikation und Zusammenarbeit nicht professionell ausstatten und digitale Tools souverän nutzen, könnten „als Unternehmen von gestern“ wahrgenommen werden. Dem wollen wir entgegenwirken.“ 

Harald Bleimeister, Geschäftsführer des aBB e.V.

Die Zielsetzung des aBB e.V. und des Internationalisierungsprojekts BeCan war es, die Mitgliedsunternehmen in der effizienten Anwendung und Nutzung der digitalen Systeme für die Gestaltung der geschäftlichen Kommunikation im internationalen Bereich zu unterstützen. Speziell die Gestaltung der Zusammenarbeit mit asiatischen und hier im Besonderen mit chinesischen Geschäftspartner*innen.  

Baustein 1: Strategiemodell Digital Mindset

Baustein 1 aus dem Stragiemodell Digital Mindset des Mittelstand-Digital Zentrums Zukunftskultur 

Zu Beginn besuchte der Verband ein Webinar zum Thema „Digitale Kompetenz“. Dabei wurden die Teilnehmenden des Unternehmens darin geschult, digitale Konferenztools professionell zu nutzen und somit mehr Souveränität im Dschungel der digitalen Möglichkeiten zu erlangen. An einem gängigen Konferenztool wurden wichtige Grund- und Zusatzfunktionen, wie beispielsweise die Dolmetscherfunktion erprobt, Sicherheitsaspekte diskutiert und die Einrichtung eines Online-Events und -Meetings eingeübt. 

Darauf folgte ein Workshop zum Thema „Kommunikative Kompetenz“. Nachdem das Know-how für die Handhabung digitaler Konferenz-Tools vermittelt wurde, brauchte es Know-how über kommunikative Gepflogenheiten im virtuellen Raum. Die Bedeutung des eigenen Verhaltens für die Gestaltung von Videokonferenzen wurde verdeutlicht. Wichtige Erkenntnisse dabei waren, dass der erste Eindruck einer Person im virtuellen Raum eine ebenso wichtige Rolle für den Beziehungsaufbau spielt, wie die souveräne digitale Präsentation eines Unternehmens in Form von virtuellen Messeauftritten oder auf der eigenen Website. Zudem ist eine aufmerksame und laufende Moderation unabdingbar, um ein Online-Event oder -Meeting weniger befremdlich, sondern effizient, flüssig und nahbar zu gestalten. Antworten auf Fragen darüber, wie Videokonferenzen konstruktiv und zielführend gestaltet werden können, konnten hier die Berührungsängste und Bedenken vieler Teilnehmenden abbauen. 

Ein Austausch zwischen den Mitgliedsunternehmen über kulturelle Aspekte in der Zusammenarbeit mit chinesischen Kund*innen und Partnerbetrieben war das dritte Format des ersten Bausteins. Hier konnte eine interkulturelle Trainerin im moderierten Dialog ebenfalls Tipps und Tricks für die interkulturelle Zusammenarbeit insbesondere im virtuellen Raum mit an die Hand geben. Denn wer sich digital souverän präsentiert, sollte sich auch auf der internationalen Bühne gut präsentieren können. Aspekte der Höflichkeit und des Vertrauensaufbaus zwischen deutschen und chinesischen Geschäftspartner*innen konnten ausgetauscht und in neue digitale Lösungsansätze eingebunden werden. 

Das vierte Format des Bausteins beinhaltet zwei aufeinander aufbauende Workshops zum Thema „Kooperative Haltung“. Dabei sollten die Teilnehmenden auf die Bedeutung von Vertrauen in digitalen Wertschöpfungsnetzwerken sensibilisiert und notwendige Schritte zum Vertrauensaufbau aufgezeigt werden. Nach dem Modell der 3 Säulen des Vertrauens, lässt sich Vertrauen mit den Begriffen Kompetenz, Integrität und Wohlwollen fassen. Werden diese Aspekte in Beziehungen zu Geschäftspartner*innen berücksichtigt, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit eine erfolgreiche Kooperation zustande kommen. Inhalt des Workshops ist ebenfalls die Entwicklung vertrauensbildender Maßnahmen anhand eines fiktiven oder auch realen Beispiels aus einem der teilnehmenden Unternehmen.

Baustein 2: Tools und Gerätschaften für Videokonferenzen

Durch die Webinare und Workshops in Baustein 1 konnten die Grundlagen für eine souveräne digitale Kommunikation im Aufbau und der Pflege von Geschäftsbeziehungen gelegt werden. Dem aBB e.V. und den Mitgliedsunternehmen fehlte es nur noch an der ebenso wichtigen medialen und technologischen Ausstattung, um virtuelle Treffen und Events im professionellen Rahmen umzusetzen. Hier hat sich der Verband über verschiedene Möglichkeiten informiert und externe Unterstützung bei der Auswahl von Tools für Videokonferenzen und Online-Veranstaltungen eingeholt.

Virtuelle Events und Meetings können inhaltlich noch so gut vorbereitet werden – wenn die technische und digitale Ausstattung für die Umsetzung nicht den Anforderungen des virtuellen Events entspricht, kann ein negativer Gesamteindruck des Events entstehen. Stockende Videobilder und Übergänge, schlechte Tonqualität und unpassende Hintergründe können Gründe dafür sein. 

Nicht nur die richtige Ausstattung, sondern auch ausgiebige Technik-Tests im Vorhinein sind deshalb unabdingbar. Dabei ist natürlich auch entscheidend, die Umgebung so zu gestalten, dass die Lichtverhältnisse stimmen (nicht vor einem Fenster), der Hintergrund wenig Ablenkungen bietet (keine persönlichen Gegenstände, Bibliothek etc.) und möglichst klar und reduziert gestaltet wird. 

Leistungsstarke Kameras und Mikrofone, eine führende Videokonferenz-Software oder auch eine Streaming-Software sind wichtige Bestandteile einer professionellen Ausstattung, die über den Erfolg eines Online-Events entscheiden können. Eine Videokonferenz-Software ist darauf optimiert, möglichst geringe Verzögerungen in Gesprächen zu ermöglichen. Für Meetings, in denen ein guter Gesprächsfluss entstehen soll, sind sie also besser geeignet als Streaming-Software Lösungen. Bei Livestreams stehen im Gegensatz zu Videokonferenz-Anwendungen Übertragungsstabilität und Bildqualität im Vordergrund. Wenn es also einem breiten Publikum ein störungsfreies Bild zur Verfügung gestellt werden soll und es mehr um das Zuhören, als um eine aktive Beteiligung aller Teilnehmenden geht, ist eine Streaming-Software das geeignete Tool. 

Baustein 3: „Do’s and Dont’s“ in der digitalen Kommunikation 

Im Zuge der Umsetzung der Bausteine 1 und 2 ließ der Verband einen Leitfaden erstellen, welcher Baustein 3 darstellt, mit einer übersichtlichen und praktischen Beschreibung von digitalen Kommunikations-Tools und den „Do’s and Dont’s“ in der digitalen Kommunikation.

Die innere Haltung als Schlüssel zum Erfolg

Sowohl Mitarbeiter*innen, als auch Führungskräfte können für sich und andere die Qualität der Kommunikation und Zusammenarbeit stärken, indem sie die eigene Präsenz im virtuellen Raum souverän gestalten. Wichtig ist dabei sowohl eine dem digitalen Wandel zugewandte Haltung als auch Mut und Neugier mitzubringen. Das ist schon die halbe Miete, wenn es um digitale Souveränität und ein digitales Mindset geht. 

Do’s und Don’ts

  • Virtuelle Events und Meetings professionell gestalten (Hintergrund, Licht, techn. Ausstattung, Moderation etc.) ggf. mit externer Hilfe
  • In zeitgemäße Unternehmenspräsentation investieren (insbesondere nutzerfreundliche, professionell gestaltete Webseite und virtuelle Messestände sowie Präsenz auf Online-Plattformen)
  • Geschäftsbeziehungen über effizient und angenehm gestaltete Online-Meetings pflegen (Link zu Tipps und Tricks)
  • Ausgiebige Technik-Checks für wichtige Online-Events und Meetings einplanen
  • Regelmäßige Pausen für Online-Events und –Meetings einplanen
  • Qualitativ minderwertige und störanfällige technische Ausstattung (Kamera, Headset / Mikrofon) benutzen
  • Online-Events und -Meetings ohne Agenda und Moderation
  • Anonymes Auftreten im virtuellen Raum
  • Ein Online-Event allein durchführen
  • Vermeiden von Online-Events 
  • Auf Präsenztermine warten
  • Die Bedeutung des ersten Eindrucks unterschätzen

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