Generationswechsel und neue Geschäftsmodelle

Geschäftsführer Naturkost Kornblume beim Abschlussworkshop, Quelle: Berlin Digital Group

Geschäftsführer Naturkost Kornblume beim Abschlussworkshop, Quelle: Berlin Digital Group


11. September 2023 | Von Lennard Felix Kaye

Mit Unterstützung des Mittelstand-Digital Zentrums

Die Transformation eines Bio-Supermarktes

Naturkost Kornblume ist der größte Bioladen im norddeutschen Emsland und wird von der Familie Brinker geführt. Er bietet seinen Kunden ein breites Sortiment an Feinkost und Produkten in Bioqualität. 1986 als kleiner Bioladen gegründet, hat sich das Unternehmen über drei Jahrzehnte hinweg in einen modernen Biosupermarkt entwickelt. Neben einem Generationswechsel und der kontinuierlichen Vergrößerung der Ladenfläche hat Naturkost Kornblume auch neue Geschäftsmodelle erschlossen. Kund*innen können so z.B. im hauseigenen Biobistro speisen und ihre Einkäufe bequem per Lieferdienst erhalten. Die Innovationskraft und die visionäre Ausrichtung des Unternehmens haben sich ausgezahlt: Naturkost Kornblume wurde bereits dreimal zum besten Bio-Supermarkt in ganz Deutschland gewählt, zuletzt 2021.

AUSGANGSLAGE

Bei Naturkost Kornblume findet ein Generationswechsel in der Geschäftsführung statt, wobei die Gründer sich allmählich aus dem aktiven Geschäft in eine beratende Rolle zurückziehen und ihren Söhnen zunehmend Verantwortung übertragen.

Herausforderung

Parallel sieht sich der Bioladen, wie so viele Unternehmen, mit einem stetigen Konkurrenzdruck konfrontiert und muss mithilfe eines noch umfassenderen Angebots seinen bestehenden Kundenstamm sichern. Hierfür strebt die inhabende Familie Brinker auch weiterhin nach Innovation und erschließt neue Geschäftsmodelle. Dabei achtet sie darauf, nicht den eigenen Markenkern zu vernachlässigen, der auf hochwertigen Bioprodukten, persönlichem Service und transparenten Lieferketten aufbaut.

IDEEN UND BEDENKEN

Die Frage war, wie das Unternehmen den Übergang von der erfahrenen Geschäftsführung auf die junge Generation schafft und mit den wenigen Ressourcen noch neue Themen bearbeiten kann, ohne das Stammgeschäft zu vernachlässigen.

Hilfe durch das Mittelstand-Digital Zentrum

Naturkost Kornblume erhielt bei dieser Herausforderung Unterstützung durch das Mittelstand Digital Zentrum Zukunftskultur, welches eine Workshop-Reihe durchgeführt und hierbei vom Mittelstand-Digital Zentrum Lingen.Münster.Osnabrück unterstützt wurde. In einem ersten Ideenfindungs-Workshop wurden die Stärken und Schwächen des Unternehmens sowie der Marke Kornblume herausgearbeitet. Anhand dieser Analyse wurden mithilfe der Methode „Geschäftsmodellmuster“ Ideen für kreative neue Geschäftsmodelle entwickelt.

Geschäftsführer Naturkost Kornblume beim Abschlussworkshop mit dem Team des Mittelstand-Digital Zentrums Zukunftskultur
Geschäftsführer Naturkost Kornblume beim Abschlussworkshop mit dem Team des Mittelstand-Digital Zentrums Zukunftskultur, Quelle: Berlin Digital Group

Während der Analyse der Stärken und Schwächen wurde deutlich, dass Kornblume zusätzliche Unterstützung bei der Etablierung einer klaren Meetingstruktur und der Definition von Rollen benötigt. Während in der Vergangenheit oft gute Ideen zur Weiterentwicklung des Unternehmens entstanden, gestaltete sich die strukturierte Umsetzung oft schwierig, da das Tagesgeschäft dazwischenkam und keine klare Verantwortlichkeit für Strategiethemen bestand. Mithilfe einiger Impulse durch das Team des Zentrums Zukunftskultur wurde zunächst geübt, wie sich regelmäßige Meetings strukturieren und so möglichst effizient gestalten lassen. Zudem wurden alle für die Geschäftsführer relevanten Prozesse identifiziert und klarer auf die verschiedenen Personen verteilt. Die hierdurch entstandenen Freiräume können nun für innovative Themen wie die Erschließung neuer Geschäftsmodelle genutzt werden. Mithilfe der verbesserten Meetingkultur können zudem Aufgaben und Ergebnisse der beiden Bereiche Strategie und Tagesgeschäft zukünftig untereinander besser abgestimmt werden.

Das im Gebiet von Kornblume ansässige lokale Mittelstand-Digital Zentrum Lingen.Münster.Osnabrück wurde zusätzlich aufgrund seiner Kenntnis des lokalen Marktes hinzugezogen. Mit der Familie Brinker wurde daher vor Ort ein erstes mögliches Geschäftsmodell für einen neuen Geschäftsbereich konkretisiert: das Geschäftsmodell „Obstkorb“. Dabei geht es – anders als im bestehenden Einzelhandelsgeschäft – um ein „Business-to-Business“ (B2B) Geschäftsmodell, bei dem Unternehmen oder öffentliche Institutionen im Emsland mit verzehrfertigen, saisonalen Lebensmitteln beliefert werden. Obwohl die Naturkost Kornblume bereits Ansätze dieses Angebots verfolgt, soll das Angebot ausgebaut werden. Das Mittelstand-Digital Zentrum Lingen.Münster.Osnabrück unterstützte hierbei mit einer Wettbewerbsanalyse und half bei der Definition des Business-Kundennutzens und -versprechens.

LÖSUNGEN

Im Abschlussworkshop des Projektes besuchten die beiden Junior-Geschäftsführer des Bioladen Kornblume das Mittelstand-Digital Zentrum Zukunftskultur in Berlin. Hier wurden die bisherigen Projektergebnisse konsolidiert und mithilfe einer sogenannten Nutzwertanalyse das geeignetste Geschäftsmodell für die Umsetzung ausgewählt. Dabei wurden mehrere Optionen anhand konkreter Teilaspekte bewertet, um eine präzise Tendenz für die Verfolgung einer der Optionen zu ermitteln.

Alle bis dahin erarbeiteten Ergebnisse flossen in diese Bewertung ein, wobei das Geschäftsmodell „Obstkorb“ und das Geschäftsmodell „Kaffeerösterei“ verglichen wurden. Das Geschäftsmodell „Kaffeerösterei“ umfasst die Anschaffung einer eigenen Produktionsanlage zum Rösten von Kaffeebohnen, um diese im hauseigenen Bistro sowie im Laden und Onlineshop anzubieten.

Die Bewertung der beiden Geschäftsmodelle erfolgte anhand verschiedener Kriterien, darunter monetäre Aspekte, Synergien mit dem Kerngeschäft, Unternehmensphilosophie, Risikominimierung und Diversifizierung. Nach intensiver Diskussion kristallisierte sich die „Kaffeerösterei“ als das präferierte Geschäftsmodell heraus. Naturkost Kornblume beabsichtigt, durch die Anwendung einer sogenannten „White-Label“-Lösung, also einem durch ein Zulieferunternehmen produzierten aber unter eigenem Namen vermarkteten Produkt, zunächst die Akzeptanz dieser neuen Produktlinie beim eigenen Kund*innenstamm zu testen, bevor die eigene Rösterei möglicherweise aufgebaut wird.

Ergebnis

Für die intensive Betreuung im Rahmen des Projektes zeigten sich die Geschäftsführer im Anschluss an den Workshop dankbar: „Das Projekt hilft uns sehr bei Strategie und dem täglichen Miteinander. Wir haben tolle Ansätze und Methoden kennengelernt – nun müssen wir sie nur anwenden“.

„Für uns als regionales Bio-Unternehmen war es eine großartige Möglichkeit, solch ein Projekt kostenfrei wahrnehmen zu können. Die von den Mittelstand-Digital Zentren durchgeführten Workshops haben jetzt schon viel bewirkt! Besonders bei der internen Kommunikation merken wir bereits Fortschritte, was uns sehr bei der Erweiterung unseres Geschäfts hilft.

Die hieraus gewonnene Zeit können wir endlich in die Ausgestaltung unserer vielfältigen Ideen investieren – vor allem, um das im Rahmen des Projektes herausgearbeitete Geschäftsmodell Kaffeerösterei anzugehen! Bereits am 22.08.2023 steht hierzu ein Termin mit der Stadt Lingen an. Wir freuen uns enorm über diese Entwicklung sowie die vielen neuen Methoden und Ansätze, die wir im Rahmen des Projektes kennengelernt haben, uns fällt es nun erheblich leichter Entscheidungen innerhalb der Geschäftsführung zu treffen und so noch zielorientierter zu arbeiten!“

Vincent Brinker (Geschäftsführer)

SCHLAGWORTE