Im Interview mit Kristina Bodrozic-Brnic vom Mittelstand-Digital Zentrum Zukunftskultur berichtete Kai Lembke, Geschäftsführer der HWL Löttechnik GmbH, von der erfolgreichen Entwicklung und dem Einsatz eines KI-gesteuerten Handling-Roboters, den sie liebevoll den „kleinen Kerl“ nennen.
In diesem Beitrag stellen wir Ihnen die inspirierende Geschichte einer erfolgreichen Zusammenarbeit vor. Durch enge Kooperation und intensiven Austausch gelang es der HWL Löttechnik GmbH, gemeinsam mit dem Unternehmen Micropsi Industries, einen KI-gesteuerten Handling-Roboter zu entwickeln. Dieser kann nicht nur komplexe Bewegungsabläufe ausführen und die Mitarbeitenden in ihrer Arbeit unterstützen. Durch die Möglichkeit, ihn einfach und flexibel an unterschiedliche Aufgaben und Funktionsweisen anzupassen, fördert der Roboter die Kreativität der Mitarbeitenden und ermutigt sie zum Experimentieren und Weiterentwickeln neuer Anwendungsgebiete.
Diese Geschichte ist nicht nur ein Beispiel für den erfolgreichen Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Arbeitswelt. Sie ist auch ein Paradebeispiel dafür, wie KMU erfolgreich mit Hersteller-Unternehmen von KI-Lösungen zusammenarbeiten können, um gemeinsam passgenaue innovative Lösungen zu verwirklichen.
Die Zusammenarbeit mit Micropsi
„Ich kaufe im Grunde genommen keinen Roboter, was ich kaufe, ist eine ganze Lösung!“
Kai Lembke, Geschäftsführer der HWL Löttechnik GmbH
Für Lembke waren bei der Entwicklung einer Lösung zwei Dinge entscheidend: Flexibilität und Planungssicherheit. Flexibilität hinsichtlich unterschiedlicher Arbeitsvorgänge und variierender Produkte, um auch innerhalb des Unternehmens, ohne großen Aufwand oder externe Hilfe, Anpassungen vornehmen zu können. Gleichzeitig sollte vorab ein Festpreis vereinbart werden, um finanzielle Planungssicherheit zu ermöglichen. Denn:
„Gerade für kleine und mittlere Unternehmen braucht man eine gewisse Planungssicherheit bei solchen Dingen, auch finanzieller Art. Da sind früher teilweise Aufgaben unterschätzt worden und nachher gingen die Kosten ins Uferlose. Ich würde daher jedem in so einer Situation raten, mal ganz zart nach einem Festpreis zu fragen und dann auf die Reaktionen zu warten.“
Kai Lembke, Geschäftsführer der HWL Löttechnik GmbH
Micropsi konnte diese Anforderungen aufnehmen und so folgte eine enge Zusammenarbeit voller Motivation und intensivem Austausch beider Partner. Sie haben die Umfeldbedingungen vor Ort berücksichtigt und gemeinsam eine passgenaue Lösung entwickelt. Hierbei standen nicht Geschwindigkeit, sondern Präzision und Komplexität des Handlings im Vordergrund. Das Ergebnis: ein KI-gestützter Handling-Roboter als freistehendes Mensch-Maschine-System, alias der „kleine Kerl“.
Der „kleine Kerl“ – ein KI-gestützter Handling-Roboter im Einsatz
Zum Einsatz kommt der Handling-Roboter bei der industriellen Reinigung der einzelnen Produkte. Hier ist Präzision entscheidend. Denn die einzelnen Teile sind zum Zeitpunkt der Reinigung noch nicht gehärtet und dürfen nicht beschädigt werden. Der Roboter muss die einzelnen Teile greifen und korrekt in den Reinigungsbehältern platzieren. Hier wird es jedoch schon komplizierter, denn Standardbehälter, wie sie in der Autoindustrie verwendet werden, gibt es nicht. Der Roboter löst dieses Problem mithilfe eines Kamerasystems mit optischer Mustererkennung. Damit erkennt er die Teile kann sie korrekt im Reinigungskorb platzieren. Sobald eine Reihe voll ist, erkennt er auch das und richtet den Korb entsprechend neu aus. Insgesamt entstehen komplexe Bewegungsabläufe, die der Handling-Roboter ausführt.
Dies war nur die erste von vielen möglichen Anwendungen, die programmiert wurde. Denn: „Der Roboter, den wir benutzen ist sozusagen lernfähig und man kann ihn weitestgehend selbst programmieren, wenn man es gelernt hat. Dafür muss man kein Informatiker und keine Informatikerin sein“, so Lembke.
Der „kleine Kerl“ und die menschlichen Kolleg*innen
„Das Besondere bei diesem Robotersystem ist, dass gegenüber klassischen Robotern der Mensch nicht zur maximalen Aufsichtsperson oder zum Empfänger einer statischen Leistung gemacht wird, sondern da eine Bidirektionalität entsteht.“
Kai Lembke, Geschäftsführer der HWL Löttechnik GmbH
Insbesondere von der jüngeren technikaffinen Belegschaft wurde der KI-Roboter sehr gut aufgenommen, so Lembke. Dies liege darin begründet, dass das Robotersystem mehr könne, als nur die Arbeit unterstützen. Lembke spricht von einer Bidirektionalität in der Zusammenarbeit des KI-gestützten Roboters mit der Belegschaft. Gemeint ist damit die Möglichkeit seitens der Belegschaft, den Einsatz und die Funktion des „kleinen Kerls“ weiterentwickeln zu können. Im Vergleich zu klassischen Maschinen, die sich auf eine statisch gleichbleibende Funktion beschränken, entstehen dadurch Interaktivität und ein dynamischeres Zusammenspiel von Roboter und Mensch.
Innerhalb der Belegschaft fördert der Handling-Roboter durch seine Anpassungsfähigkeit die Kreativität. Er ermutigt die Mitarbeitenden dazu, sich auszuprobieren und sowohl den Roboter, als auch die eigenen Fähigkeiten weiterzuentwickeln. So entstand beispielweise die Idee, Verschleißteile wie den Greifer des Roboters, mit dem unternehmenseigenen 3D-Drucker herzustellen. Auch neue Einsatzmöglichkeiten des KI-Roboters werden durch die Belegschaft bereits mitgedacht. Denn der „kleine Kerl“ ist mobil und lässt sich problemlos nach Bedarf an verschiedenen Orten nutzen.
Fazit für KMU zur Digitalisierung
Lembke weist darauf hin, dass viele mittelständische Unternehmen bereits auf dem Weg der Digitalisierung seien. Sie beschäftigen sich bereits aktiv mit Themen wie Informationstechnologie und Künstlicher Intelligenz. Er betont jedoch auch die Herausforderungen bei der Beantragung von Fördermitteln und appelliert daran, Förderrichtlinien anzupassen und Bürokratie zu vereinfachen.
„Die Förderrichtlinien in vielen Bundesländern sind so ausgestaltet, dass teilweise kleine und mittlere Unternehmen solche Mittel nicht abrufen können. (…) Ich stelle immer wieder zum Teil mit Erstaunen fest, wie weit diese Unternehmen in vielen Dingen entweder schon etwas umgesetzt haben oder auch schon denken. Das größte Problem dabei ist nicht das Verständnis dafür, sondern das ist immer die Frage der Finanzierung.“
Kai Lembke, Geschäftsführer der HWL Löttechnik GmbH
Kleine und mittlere Unternehmen müssten oft ein hohes Eigenkapital aufbringen, um Fördermittel zu beantragen. Dies ist insbesondere nach den letzten, oft verlustreichen Geschäftsjahren, schwierig. Im Gespräch wird aber auch deutlich, dass Investitionen in solche Technologien oft geringer sind als angenommen und daher finanziell machbar. Lembke empfiehlt, mit kleineren Lösungen zu beginnen. So hat das Unternehmen auch den „kleine Kerl“ ausschließlich durch eigene Mittel finanziert.
Der Fachkräftemangel, so betont Lembke, lasse sich damit nicht vollständig kompensieren. Jedoch erhöhe sich die Qualität der Arbeitsplätze. Mitarbeitende erlebten eine höhere Wertschätzung ihrer Arbeit und könnten sich durch freigesetzte Kapazitäten auch eher weiterbilden.
Für die Zukunft der HWL Löttechnik werde man ereignisgesteuert und anlassbezogen sehen und entscheiden, wo weitere KI-gestützte Lösungen sinnvoll seien, um Menschen zu entlasten. Gleichzeitig, betont Lembke, sei eine Kosten-Nutzen-Rechnung nicht immer sinnvoll. Manchmal ergebe sich mehr Nutzen auch erst in der Anwendung.
„Viel Innovation kommt einfach aus Produktion!“
Kai Lembke, Geschäftsführer der HWL Löttechnik GmbH
Fazit
Die Erfolgsgeschichte der HWL Löttechnik GmbH und ihres KI-gesteuerten Handling-Roboters zeigt eindrucksvoll, wie kleine und mittlere Unternehmen mit Herstellern von KI-Lösungen zusammenarbeiten können, um innovative und maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln. Prägend für den Erfolg dieser Zusammenarbeit waren die Flexibilität, Planungssicherheit und intensives Engagement beider Partner.
Der „Kleine Kerl“ hat sich nicht nur als ein effizientes Arbeitsinstrument erwiesen. Er ermutigt dazu, neue Wege zu gehen und sich in der Anwendung von KI weiterzuentwickeln.
Insgesamt lehrt die Geschichte des „Kleinen Kerls“ etwas Entscheidendes über den Erfolg bei der Implementierung von KI-Lösungen in der Arbeitswelt. Dieser ist abhängig von Flexibilität, Offenheit und einer starken Partnerschaft zwischen Unternehmen und KI-Anbietenden. Dieses Beispiel dient als Inspiration für andere Unternehmen, die ebenfalls die Chancen von KI nutzen möchten.