KI und Kreativität für mehr Innovationen 

Frau beim kreativen Schaffensprozess vor dem Computer


1. November 2023 | Von Kristina Bodrozic-Brnic

Seit der Moderne im 20. Jahrhundert haben sich Kunst und Wissenschaft voneinander getrennt. Frühere europäische und asiatische Kulturen hingegen betrachteten Naturwissenschaften und Kunst als gleichberechtigte Studiengebiete. Doch die Industrialisierung und politische Verwerfungen führten zur Entwertung der Kunst in der sozialen Realität. Eine neue Entwicklung wird jedoch angestrebt: Die Digitalisierung und insbesondere die Künstliche Intelligenz (KI) bringen Kreativität und industrielle Innovationen wieder zusammen und eröffnen einen inspirierenden Dialog.  

Künstliche Neuronale Netzwerke auf dem Vormarsch 

Künstliche Intelligenz ist kein brandneues Thema, sondern wird bereits seit Jahrzehnten entwickelt und in ihren Ergebnissen und Auswirkungen erforscht. Der Begriff „Künstliche Intelligenz“ wurde bereits 1956 geprägt. Wie sich durch die rasche Verbreitung von ChatGPT 3.5 zeigte, hat sich seitdem viel getan. Nicht nur Chat-Bots, auch virtuelle Assistenzen, KI-Teammitglieder sowie Bildgenerierungs-Tools für Kreative und Medienaffine beherrschen jetzt schon den Alltag vieler Menschen hierzulande. Vor allem „Künstliche Neuronale Netzwerke“ (KNN) haben dazu beigetragen, dass KI immer menschenähnlichere Schlussfolgerungen ziehen kann. Ihnen sind auch die Fortschritte in diversen Bereichen zu verdanken, die wir nun von Monat zu Monat beobachten können. Denn, wie es aussieht, brauchen Künstliche Intelligenzen nicht mehr den Menschen, um etwas aus großen und kleineren qualitativen Datensets zu machen. Jedoch brauchen sie wohl den Menschen, um bei “schlechtem” Funktionieren auch “aus dem Verkehr” gezogen zu werden. 

KI fördert Dialog zwischen Kunst und Industrie 

Der Dialog zwischen der Kreativbranche, einschließlich der Kunst, und anderen Industrien wird in den letzten Jahren durch technologische Entwicklungen gestärkt. Dies gilt insbesondere im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Diese Entwicklung führt zu grundlegenden Veränderungen in der Betrachtung von Kreativschaffen bei der Entwicklung von Technologien, die der Gesellschaft auch dienlich sein sollen. Dabei sind hochwertige Integrationsleistungen und die Berücksichtigung ethischer Fragen wichtige Ziele. Gerade die internationale Kreativszene hat dafür gesorgt, dass wir KI-Lösungen auch als internationale Gemeinschaft hinterfragen und verbessern wollen. Beispielsweise wenn es um Diskriminierung von Menschengruppen oder um nachhaltigen Umgang mit Ressourcen geht. 

Kreativität ist überall  

Kunst und Kreativität: für die menschliche Logik eine Sache. Doch was genau ist Kreativität? Der Begriff umfasst die Fähigkeit, etwas Neues, Überraschendes und Originäres zu schaffen. Und doch beruht Kreativität in der Regel auf bereits existenten Dingen. Denn ohne Bestehendes kann nichts Neues geschaffen werden. Kreativität ist urmenschlich und mehr als nur das visuelle oder hörbare Erschaffen einer ungeahnten Auseinandersetzung mit der Realität. Ganz im Gegenteil: kreativ ist jeder. Sie kann in verschiedenen Bereichen, wie der Kunst, Politik, Kochen oder der Inneneinrichtung zum Ausdruck kommen. Die Grenzen und Gestaltungsmöglichkeiten in Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft neu zu interpretieren und zu verschieben, ist ein wesentlicher Aspekt von Kreativität. Kreativität entsteht auch immer vor Allem aus dem Zusammenspiel von Dingen. Ein Mensch, der eine Idee entwickelt, hat diese niemals, ohne dass sie auf etwas aufbaut, dass in irgendeiner Form erfahren wurde. Wir sind also gemeinsam kreativ. 

Kreative Maschinen nehmen Einfluss 

Bis vor wenigen Jahren wurden Kreativität und auch die Intelligenz ausschließlich dem Menschen zugeschrieben. Doch durch die Fortschritte in Künstlicher Intelligenz werden auch Maschinen immer mehr in den Bereichen der Kreativarbeit und der Lösungsfindung (als Teil von Intelligenz) eingesetzt. Seit etwa dem Jahr 2000 hat sich die Maschinenintelligenz zunehmend in unserem sozialen und ökonomischen Alltag etabliert. Multinationale gigantische Tech-Unternehmen haben daher erkannt, dass KI gesellschaftliche Entscheidungen beeinflusst. Sie kurbelt wirtschaftliches Wachstum rasant an und birgt auch enormes soziales Potential. 

Deep Learning – kreative selbstlernende KI 

Aber zurück zur Kreativität. Zunächst waren KI-Lösungen nicht unbedingt als „kreativ“ bekannt. Doch 2016 wurde Deep Learning als wegweisende Technologie anerkannt, als die KI AlphaGo den europäischen Go-Meister besiegte. Im Jahr 2018 etablierte sich das selbstlernende Verfahren der Generative Adversial Networks (GAN). Es schuf eine direkte Verbindung zwischen Künstlicher Intelligenz und den bis dato üblichen Gestaltungsprozessen in der bildenden Kunst. Ein Beispiel hierfür aus dieser Zeit des Umbruchs ist das Werk „Portrait of Edmond De Belamy„. Dieses wurde bei Christie’s für eine erstaunliche Summe von 432.500 US-Dollar versteigert. Der Künstler hinter diesem Werk war jedoch kein Mensch, sondern ein Algorithmus. 

Survival Machines – Mehr Nachhaltigkeitsbewusstsein durch KI  

Wie ging es weiter? Es gibt inzwischen viele KI-basierte Kreativarbeiten, die auf Missstände aufmerksam machen oder den Menschen in den Mittelpunkt der Entwicklung von Technologien rücken wollen. Im Rahmen eines faszinierenden Augmented Reality-Erlebnisses präsentiert beispielsweise das Werk „Survival Machines“ (2022) von Anke Schiemann den Betrachtern eine interaktive Auseinandersetzung mit neuen Technologien. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz hat Schiemann eine utopische Welt geschaffen, die eine Vielzahl spekulativer hybrider „Lebensformen“ beherbergt. Diese einzigartigen Arten sind hypothetisch aufgrund der globalen Erwärmung und der Bioglobalisierung entstanden. Das Besondere an „Survival Machines“ ist die Möglichkeit für die Nutzer*innen, in diese von Pflanzen und Tieren bewohnte Landschaft einzutauchen, auch im Büro oder auf der Straße. Dabei haben sie die einzigartige Gelegenheit, diese außergewöhnlichen Arten genau zu beobachten und auf zusätzliche Informationen zuzugreifen. Bewusstsein für Nachhaltigkeit und die Konsequenzen des rasanten Wachstums der Industrienationen wird dadurch verdeutlicht. 

Kreativität + Technologie = Innovation 

Die Verbindung von Kreativität und Künstlicher Intelligenz eröffnet neue Möglichkeiten und Herausforderungen. Es entstehen faszinierende Werke und innovative Anwendungen. Diese wollen nicht allein die Kunstwelt, sondern auch andere Branchen beeinflussen, um miteinander verbesserte Lösungsansätze zu finden. Dieser unentbehrliche Dialog zwischen Kreativbranche und anderen Industrien wird durch technologische Fortschritte gestärkt. Er kann zu wahrer Innovation führen, die immer den Menschen in den Mittelpunkt stellt. 

Die Rückbesinnung darauf, dass Kreativität und industrielle Innovationen zusammengebracht werden können, eröffnet aufregende Perspektiven für die Zukunft. Jedenfalls ist eines klar: Das Erschaffen kreativer KI-Lösungen für die Wirtschaft, für KMU und Verbraucher*innen im Alltag, lebt von der Interdisziplinarität, zu der auch wir vom Mittelstand-Digital Zentrum Zukunftskultur einen Beitrag leisten wollen.  

Unsere Learnings:

  • Verschmelzung von Kunst und Wissenschaft: Die KI fördert die Wiedervereinigung von Kunst und Wissenschaft, die sich in der Moderne getrennt hatten. Durch Technologien wie Deep Learning und GANs ergeben sich neue kreative Möglichkeiten und Innovationen, die traditionelle Grenzen überschreiten. 
  • KI in der Kreativwelt: KI hat sich von einem reinen Werkzeug zu einem aktiven Teilnehmer im kreativen Prozess entwickelt. Sie bringt neue Formen des künstlerischen Ausdrucks hervor und fordert traditionelle Auffassungen von Kunst heraus. Werke wie „Portrait of Edmond De Belamy“ unterstreichen diese Entwicklung. 
  • Interdisziplinarität und Ethik: Die zunehmende Rolle der KI erfordert einen interdisziplinären Dialog und eine starke Betonung der Ethik. Zusammenarbeit ist notwendig, um sicherzustellen, dass KI die menschlichen Werte respektiert und zum sozialen Wohl beiträgt. Dies schließt auch Themen wie Diskriminierung und Nachhaltigkeit ein.  

Kontaktmöglichkeit

Kristina Bodrozic-Brnic

kristina.brnic@businessschool-berlin.de

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