Low-Code / No-Code (LCNC) – auch für den Mittelstand

Coding


13. Februar 2024 | Von Marie Graw

Der Fachkräftemangel ist ein Thema, das viele Unternehmen und auch den Mittelstand heutzutage stark beschäftigt. Es fehlt nicht nur an Fachpersonal in der öffentlichen Verwaltung, im Baugewerbe und im Handel, sondern auch in der IT. Gepaart mit der voranschreitenden Digitalisierung sind Unternehmen dazu gezwungen, Lösungswege zu finden, die auch ohne geschultes IT-Personal umsetzbar sind. Wenn es um die Entwicklung von Anwendungen geht, bleiben Unternehmen nur zwei Möglichkeiten: der Kauf einer fertigen Anwendung von einem Drittanbieter oder das Programmieren einer eigenen Anwendung. Ersteres kann sehr kostspielig sein und die Flexibilität ist begrenzt; für Zweiteres wird fachspezifisches IT-Personal benötigt, was schwierig zu finden und aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit und hohen Nachfrage ebenfalls teuer werden kann. Hier können die Low-Code- bzw. die No-Code-Methode hilfreich sein.

Was bedeutet Low-Code und No-Code (LCNC)?

Die Low-Code-Methode ermöglicht es, Anwendungen zu entwickeln, auch mit wenigen Programmierfähigkeiten. Die Notwendigkeit der Erstellung von traditionellem Code reduziert sich durch eingebettete Funktionen oder intuitive grafische Tools. Zwar muss bis zu einem gewissen Grad programmiert werden, jedoch nicht mehr im üblichen Ausmaß.

Bei der No-Code-Methode hingegen muss überhaupt nicht programmiert, also kein Code geschrieben werden. Dies ist besonders reizvoll, wenn ein Unternehmen kein qualifiziertes Personal finden oder bezahlen kann.

Funktionsweise von LCNC

Um erfolgreich mit LCNC-Plattformen umzugehen und gewünschte Ergebnisse zu erzielen, gibt es einige Dinge zu beachten. Hier sind einige Vorgehensschritte mit wichtigen Fragen für die Nutzung von LCNC-Tools.

Definieren von Anforderungen:

  • Wie soll das Ergebnis aussehen?
  • Welche Probleme sollen durch die Anwendung gelöst werden?
  • Wie soll die Anwendung verwendet werden?
  • Welche Daten und Informationen sind bei der Anwendungserstellung notwendig?

Skizzieren des Workflows oder Geschäftsprozesses:

  • Wie sieht der Workflow oder Prozess aus?
  • Welche Module werden benötigt?
  • Wie müssen die Module integriert werden?

Was ist ein Modul?
Beim Programmieren ist ein Modul ein Teilblock bzw. mehrere Teilblöcke, in die die Aufgabenstellung zerlegt wird. Ein Modul kann beispielsweise Daten sammeln oder Aktivitäten und Ergebnisse auslösen. Etwas fachspezifischer ausgedrückt können Module als Funktion oder Prozedur auftreten. Eine Funktion kann als eine Codeeinheit beschrieben werden, die bei Aufruf ein Ergebnis ausgibt. Prozeduren sind Codeeinheiten, die eine bestimmte Aufgabe ausführen.

Testung und Bereitstellung der Projekte als LCNC-Anwendung:

  • Funktioniert die Anwendung wie geplant und liefert das gewünschte Ergebnis?
  • Können die Nutzenden die Anwendung bedienen?
  • Ist die Anwendung bereit für den allgemeinen Gebrauch?

Vorteile für KMU

LCNC-Anwendungen sind vielseitig einsetzbar. Wo der Einsatz bei Chatbots bzw. Künstlicher Intelligenz eher gering ist, wird beim Workflow Management zur Automatisierung von Freigabe- und Verwaltungsprozessen und bei der automatischen Erkennung von eingehenden Informationen und Dokumenten häufiger eine LCNC-Anwendung genutzt. Insbesondere diese Einsatzmöglichkeit kann von hohem Interesse für KMU sein. Denn so können Kosten gespart werden, und das Personal konzentriert sich auf die jeweiligen Kernkompetenzen. Bei geringeren Investitionskosten können KMU ihre Digitalisierung vorantreiben und die vielfachen Schulungsmöglichkeiten, auch von Seiten der Plattformanbietenden, ermöglichen eine schnelle Einarbeitung. So entstehen mit geringem Zeitaufwand erste (Teil-)Lösungen und durch die Wiederverwendbarkeit ist es möglich, die Lösungen auch auf andere Prozesse anzuwenden.

Gerade KMU sollten erstmal klein anfangen und sich an die Anwendung herantasten. Denn was nicht zu vernachlässigen ist, ist die Notwendigkeit von interessierten und motivierten Mitarbeitenden, die sich dem Thema annehmen wollen und diesen Lösungsansatz auch akzeptieren. Es gilt auch kritisch zu hinterfragen, ob Unternehmen mit einer LCNC-Anwendung wirklich das bestehende Problem lösen bzw. das angestrebte Ziel erreichen konnten und ob und inwiefern die Anwendung Einfluss auf das bestehende Geschäftsmodel hat.

Die richtige LCNC-Plattform auswählen

Es gibt eine Vielzahl von Anbietern von LCNC-Plattformen auf dem Markt, und eine umfangreiche Analyse der für das Unternehmen passenden Plattform ist wichtig. Daher hat das Mittelstand-Digital Zentrum Hannover einige Auswahlkriterien zusammengestellt, nämlich:

  • Unterstützung von Web-Apps und mobilen Anwendungen
  • Unterstützung des gesamten Software-Lebenszyklus
  • Skalierbarkeit bestehender Anwendungen
  • Integration in bestehende Systeme
  • Verfügbarkeit von Programmierschnittstellen
  • Angebot eines sicheren Cloud-Dienstleisters
  • Ermöglichung einer sicheren Dateneingabe
  • Benutzerfreundliche Entwicklungsumgebung
  • Unterstützung von Wiederverwendbarkeit
  • Support-Service

LCNC und Künstliche Intelligenz

LCNC-Anwendungen können auch behilflich sein, wenn es darum geht, Künstliche Intelligenz zu programmieren, denn auch für KI-Anwendungen bedarf es eines Codes und somit Fachpersonal, das besagten Code schreiben kann. Es gibt bereits unterschiedliche Anwendungen, mit denen eine KI-Anwendung ohne Programmieren „zusammengeklickt“ werden kann. So können LCNC-Anwendungen den Prozess der KI-Entwicklung beschleunigen, indem sie bei der Datenaufbereitung, Modellentwicklung oder Implementierung behilflich sind. Ein weiterer Vorteil: Durch die Vereinfachung der KI-Entwicklung können auch Anpassungen schneller erfolgen, und es kann somit schneller auf sich ändernde Kund*innen-, oder Marktanforderungen eingegangen werden. Da das Entwickeln und die Implementierung einer KI-Anwendung einfacher gestaltet werden, können auch Unternehmen KI nutzen, die dies vorher aufgrund mangelnden Fachpersonals nicht konnten – KI wird also für eine breitere Masse zugänglich.

Ein spannendes Interview zum Thema No-Code und Prozessautomatisierung mittels Künstlicher Intelligenz finden Sie hier.

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