Unternehmerische digitale Verantwortung – eine Einführung

Tisch mit Computern

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2. Juni 2022 | Von Marie Graw, Svenja Dittmann

Unternehmerische digitale Verantwortung (engl. Corporate Digital Responsibility – CDR) ist mehr als ein Trend. Vielmehr ist es ein ernstzunehmendes Thema, dem sich Unternehmen aller Branchen stellen müssen. CDR setzt nämlich an den großen Themen der Zeit an und reflektiert diese vor dem Hintergrund unternehmerischer Digitalisierungsschritte. Ein Blick in große Konzerne zeigt tatsächlich: CDR ist kein Zukunftsthema mehr. 

Wir verwenden den Begriff „unternehmerische digitale Verantwortung“ sowie dessen englische Übersetzung „Corporate Digital Responsibility“ mit der Abkürzung „CDR“ gleichbedeutend.

Große Unternehmen setzen sich seit langem damit auseinander, auszuarbeiten, welche gesellschaftlichen Konsequenzen ihre Digitalisierungsprojekte haben. Außerdem werden teilweise ganze Teams für Themen rund um CDR gegründet. Leitfäden, festgelegte Geschäftsprinzipien oder Kodizes zu CDR sind bereits in einigen Unternehmen verankert. Wie bei der Digitalisierung selbst gilt auch für das Thema der unternehmerischen Verantwortung im Zuge der Digitalisierung: früher oder später wird es für alle Unternehmen relevant und unumgänglich sein. Deshalb ist eine Auseinandersetzung mit CDR – besser früher als später – zentral. Insbesondere, da es auch um die Zukunftsfähigkeit des eigenen Unternehmens geht.

Was ist Corporate Digital Responsibility?

CDR kann als Perspektive der verantwortungsvollen Unternehmensführung beschrieben werden. Auf Grund dessen lässt sich CDR in den Bereich der Unternehmensverantwortung oder Corporate Responsibility (CR) einordnen. Bei CDR handelt es sich um unternehmerische Aktivitäten im digitalen Bereich. Besonders ist, dass diese Aktivitäten auf freiwilliger Basis durchgeführt werden und gleichzeitig über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. Das übergreifende Ziel ist, die digitale Welt zum Vorteil der Gesellschaft aktiv mitzugestalten. Ein wichtiges Themenfeld der CDR ist die digitale Nachhaltigkeit. Zusätzlich sind die ökologischen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen, die digitales unternehmerisches Handeln auf Gesellschaft und Umwelt hat, mit einzubeziehen.

Exkurs: von Corporate Social Responsibility (CSR) zu CDR
Zu unterscheiden ist CDR von Corporate Social Responsibility (CSR). Der Basisgedanke bei CSR und CDR ist der gleiche. Das Tragen von Verantwortung bei allen Entscheidungen und die Reflektion des eigenen Handelns in ethischer Weise steht nämlich im Vordergrund. Auch die Werkzeuge und Maßnahmenkataloge, die es für den Bereich CSR gibt, können in angepasster Form auf das Themengebiet CDR angewendet werden. Das Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum eStandards betrachtet CDR als Ergänzung zu CSR. Bei CSR geht es um ganzheitlich nachhaltiges Wirtschaften und die Miteinbeziehung ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte in unternehmerische Entscheidungen. Konkrete Beispiele für die Anwendungsbereiche von CSR sind faire Geschäftspraktiken und der sparsame Einsatz von natürlichen Ressourcen. Zusätzlich sind auch der Klimaschutz, mitarbeiterorientierte Personalpolitik und Umweltschutz Anwendungsbeispiele. Letztlich können auch die Verantwortung in den Lieferketten und ernst gemeintes Engagement vor Ort als Beispiele genannt werden.

Der Zweck von CDR lässt sich beschreiben als das Erhalten und Aufbauen von Vertrauen als Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg. Im Gegensatz zu CSR stehen hier die digitalen Aspekte und damit verbundene Fragestellungen im Vordergrund. Auch Fragen nach der Art der Datenerarbeitung und der Kommunikation dieser nach außen, der Wichtigkeit des Schutzes von Fremddaten, oder die Interessenkonformität von Datenverarbeitungsschritten treiben CDR an. Im Rahmen der CDR können Verantwortungen auf unterschiedliche Weisen wahrgenommen werden. So gehören beispielsweise die sichere Datenverwaltung oder der Ausschluss der Nutzung personenbezogener Daten ohne Einverständnis zu den Verantwortlichkeiten. Nichtsdestotrotz sollte sich auch auf das Anbieten der am Ende einer Wertschöpfung stehenden Daten zum Zweck der nachgelagerten Weiterverarbeitung fokussiert werden.

Zentrale Fragestellungen könnten sein:

  • Welche Daten erhebe ich von meinen Kund*innen, wie gehe ich als Unternehmen mit diesen Daten um und wie transparent wird der Umgang kommuniziert?
  • Wie kann ich künstliche Intelligenz (KI) möglichst verantwortungsvoll einsetzen und was sollte eine KI überhaupt dürfen/können?
  • Wie kann ich als Unternehmen meine Mitarbeiter*innen trotz sich schnell ändernden Berufsbildern langfristig beschäftigungsfähig machen?
  • Wie können durch digitales Handeln verbrauchte Ressourcen reduziert und nachhaltig gestaltet werden?

Die positiven Effekte von CDR

Bereits im Rahmen der CSR hat sich gezeigt, dass auch kleine und mittlere Unternehmen dem Thema CDR einen hohen Stellenwert beimessen. Insbesondere für Unternehmen, die familien- oder inhaber*innengeführt sind, ist das Thema zentral. Grund dafür ist, dass gesetzliche Vorschriften und Regulationen im Bereich der gesellschaftlichen Verantwortung eine Auseinandersetzung mit dem Thema notwendig machen. Auch die Chance auf Wettbewerbsvorteile wie beispielsweise „First-Mover-Effekte“ oder die Schaffung von nachhaltigem Vertrauen bei den Kund*innen und Mitarbeiter*innen machen das Thema über alle Unternehmensgrößen hinweg interessant. Weitere Gründe für die Auseinandersetzung mit dem Thema CDR sind die Vorbild- bzw. Vorreiterfunktion, Ressourceneinsparungen, die Schaffung digital kompetenter Mitarbeiter*innen, der Beitrag zum digitalen Gemeinwohl, Kund*innen- und Verbraucher*innenanforderungen sowie die aktuelle Situation bei der Personalbeschaffung, also zu wenige Fachkräfte für zu viele offene Stellen.

Große Unternehmen setzen auf CDR

Viele große Unternehmen setzen auf Leitfäden, Kodizes oder Richtlinien, um CDR erfolgreich im Unternehmen wahrzunehmen. Beispielsweise hat Telefónica/O2 einen „Corporate Responsible Business Plan 2025“ erstellt. Dieser Plan zeigt Ziele bezüglich CSR und CDR auf und wird als Steuerungsinstrument genutzt. Kernthemen des Planes sind die Unterstützung eines nachhaltigen Lebensstils, die Ermöglichung der Teilhabe an der digitalisierten Welt und das Anbieten eines grünen Netzes für Kund*innen. Ebenfalls zentral ist das Vorantreiben der digitalen Arbeitswelt und die Umsetzung der Prinzipien zur verantwortungsvollen Unternehmensführung. Alle der 76 geplanten Maßnahmen lassen sich in die Themenschwerpunkte Umwelt & Klima, Produkte & Services und Gesellschaft & Mitarbeitende einordnen und können hier nachgelesen werden. Mit Hilfe der Erstellung von Dokumenten wie Leitfäden, Richtlinien und Kodizes kann sich dem Thema CDR genähert werden. Dem Ziel, CDR im Unternehmen wahrzunehmen und einen Beitrag zum Thema CDR zu leisten, kommen Unternehmen so näher.

Im Rahmen unseres Schwerpunktthemas „unternehmerische digitale Verantwortung“ erfahren Sie, wie CDR in der Praxis umgesetzt werden kann und wie Sie erste Schritte in Richtung einer CDR-Strategie gestalten können.

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