Beschäftigte für das Thema Nachhaltigkeit gewinnen

Beschäftigte für das Thema Nachhaltigkeit gewinnen

Bildquelle: BDG

Entwicklung der Maßnahmen zum Thema Nachhaltigkeit


11. Juni 2024 | Von Winfried Graf

Nachhaltigkeit spielt in immer mehr Unternehmen eine wichtige Rolle. Sie leisten damit nicht nur einen Beitrag für die Umwelt. Nachweislich nachhaltig zu arbeiten, avanciert auch immer mehr zu einem Wettbewerbsvorteil. Doch wie bei jedem Veränderungsprozess sind neben dem Inhalt auch weitere Faktoren zu berücksichtigen: die Beschäftigten für das Thema zu gewinnen und die Führungskräfte dahingehend zu befähigen, genau dies zu erreichen.

AUSGANGSLAGE

Die Bäckerei Bergmann ist ein Thüringer Bäckereibetrieb mit langjähriger, traditionsreicher Geschichte. Der Ur-Urgroßvater der heutigen Geschäftsführer eröffnete 1908 die erste Filiale der Bäckerei Bergmann in Griefstedt in Nordthüringen. Heute ist aus dem kleinen Familienbetrieb ein leistungsstarkes und beliebtes Bäckereiunternehmen geworden, für das mittlerweile 450 Beschäftigte in 50 Thüringer Bäckerei-Filialen arbeiten.

Der Erfolg und das schnelle Wachstum sind vor allem auf die hohe Innovationskraft des Unternehmens zurückzuführen: So erarbeiten die Beschäftigten in Arbeitskreisen Ideen zur Weiterentwicklung des Unternehmens und denken so gemeinsam mit der Geschäftsführung die Prozesse und Systeme einer Bäckerei komplett neu.

Herausforderung

Das Thema Nachhaltigkeit ist ein echtes Herzensthema der Geschäftsführung. Ziel ist es, bis 2032 90 Prozent aller Zutaten für die Backwaren aus Thüringen zu beziehen. Auch in anderen Bereichen wird Nachhaltigkeit großgeschrieben. So wird – beispielsweise beim Verkauf von Kaffee in den Bäckereigeschäften – schon seit längerem auf Mehrweg gesetzt, sowohl bei den Trinkgefäßen als auch bei den Zusätzen wie Milch und Zucker.

Trotz der klaren Ausrichtung des Unternehmens zum Thema Nachhaltigkeit, ihrer klaren Kommunikation darüber und zahlreichen bereits implementierten Maßnahmen, war der Geschäftsführung unklar, wie sehr die Beschäftigten sowohl in den Geschäften als auch in der Backstube das Thema auch verinnerlicht haben, da einige Vorgesetzte Widerstand erkannt hatten.

IDEEN UND BEDENKEN

Um einen besseren Überblick darüber zu bekommen, wie die Beschäftigten zum Thema Nachhaltigkeit stehen setzte sich das Unternehmen zum Ziel, eine detaillierte Bestandsaufnahme des Themas Nachhaltigkeit bei allen Beschäftigten durchzuführen. Darauf aufbauend sollten Maßnahmen entwicklet werden. um das Thema noch besser in den Köpfen der Beschäftigten zu verankern.

Hilfe durch die Mittelstand-Digital Zentren

Die Geschäftsführung entschloss sich, ihr Vorhaben im Rahmen eines Digitalisierungsprojekts mit dem Mittelstand-Digital Zentrum Zukunftskultur (MDZ) anzugehen. Das Projekt wurde durchgeführt von der Berlin Digital Group (BDG).

Online-Umfrage zum Thema Nachhaltigkeit

Eine online durchgeführte Umfrage bei allen Beschäftigten erfolge im August/September 2023. Die Rücklaufquote war mit über 20 Prozent (rund 100 Personen) sehr erfreulich, zumal viele Beschäftigte das erste Mal eine Online-Umfrage ausfüllten. Auch das inhaltliche Ergebnis war sehr positiv: Die Antworten zeigten eine hohe Identifikation und Bereitschaft der Beschäftigten der Bäckerei Bergmann mit dem Thema Nachhaltigkeit und der Region. Sichtbar war jedoch auch der – sehr typisch menschliche – Widerstand gegen Veränderungen. Bei der Auswertung wurden neben Alter, Geschlecht und Arbeitsbereich auch die Wohnlage (städtisch oder ländlich) abgefragt. Gerade im ländlich geprägten Thüringen sind sonst Antworten auf bestimmte Fragen nicht korrekt auswertbar. Dies betrifft beispielsweise die Frage, warum eine Person nicht den ÖPNV, sondern das Auto benutzt. Inhaltlich gab es Fragen zur Arbeitsmotivation, Weiterbildung (um auch das Thema Nachhaltigkeit richtig ansprechen zu können), Einstellung zu politischen Aspekten der Nachhaltigkeit und weitere.

Entwicklung verschiedener Kommunikationsbotschaften für unterschiedliche Zielgruppen

Die Ergebnisse, die in einem Workshop mit Führungskräften und ausgewählten Beschäftigten besprochen wurden, waren für alle Projektbeteiligten sehr hilfreich. Es stellte sich heraus, dass insbesondere im Verkauf der Fokus der Arbeitsmotivation vor allem auf finanziellen Anreizen liegt oder dass im Alter rund um 30 Jahre die Motivation für Weiterbildung am höchsten ist. Im Verkauf gab es den höchsten Teil derjenigen, die keine Weiterbildung haben möchten. Bei jungen Beschäftigten ist das Thema am wichtigsten und der Glaube an Veränderung besonders hoch. Andererseits zeigt genau diese Altersgruppe den höchsten Widerstand gegen die Nutzung von ÖPNV.

Workshopsituation Bäckerei Bergmann
Alle waren sehr engagiert dabei

Die Ergebnisse zeigten insgesamt die Notwendigkeit, unterschiedliche Maßnahmen je nach Zielgruppe zu ergreifen, um das Thema Nachhaltigkeit besser zu verankern. Es wurden daher im Workshop die unterschiedlichen Bedenken thematisiert aber auch erste Kommunikationsbotschaften entwickelt.

Ein konkreter Maßnahmen- und Zeitplan

In einem zweiten Workshop wurden, basierend auf den Mitarbeiter-Bedürfnissen, Maßnahmen (sogenannte Change-Interventionen) entwickelt, um an dem Thema anzusetzen. Sie sollen das Verständnis und die Bereitschaft, sich für Nachhaltigkeit bei der Bäckerei einzusetzen, je nach Zielgruppe über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren schärfen. Zu den Maßnahmen gehören beispielsweise:

  • die Nutzung von regelmäßigen Teammeetings für Lobe und Erfolge
  • kleine Wettbewerbe
  • Aufbau von Flyern und Schulungen, um das Verkaufspersonal bei den Argumenten für Nachhaltigkeit im Verkauf besser zu wappnen
  • kleine Nachhaltigkeitsprojekte für Azubis und vieles andere mehr.

Diese Maßnahmen wurden in eine sogenannte „Change-Architektur“ eingebaut: ein Konzept mit einem konkreten Maßnahmen- und Zeitplan zur Umsetzung der Maßnahmen für die Mitnahme der Beschäftigten über einen längeren Zeitraum. Dies ist wichtig, damit nicht zu viele Maßnahmen auf einmal erfolgen, was sowohl die Führungskräfte als auch die Beschäftigten in ihrer täglichen Arbeit belasten würde.

LÖSUNGEN

Im abschließenden Workshop bekamen die Führungskräfte eine sogenannte „Train-the-Trainer“-Schulung. Damit wurde sie befähigt, die beschlossenen Maßnahmen (Vorträge, Schulungen usw.) didaktisch und pädagogisch gezielt zu planen und durchzuführen. Dabei wurden exakt die Kommunikations- und Schulungsinhalte, die ohnehin für das Jahr seitens der Führungskräfte geplant waren, genutzt. So konnten die Workshopteilnehmenden an diesen praktischen Beispielen die Vermittlung von Inhalten so lernen, dass alle Spaß dabei haben und möglichst viel auch umgesetzt wird. Ganz gezielt wurden 10 „Tricks“ bei der Vermittlung von Inhalten gelehrt, um die Führungskräfte nicht zu überfordern. Schließlich ist die Hauptaufgabe der Bäckerei ja das Verkaufen von Backwaren und nicht ausschließlich die Durchführung von Schulungen. Sie lernten dabei in Lehrproben und zahlreichen praktischen Übungen, wie man Schulungen sinnvoll aufbaut und vor einer Gruppe durchführt.

Ergebnis

In der Feedbackrunde waren sich alle einig:

„Bei den Schulungen des Mittelstand 4.0-Zentrums Zukunftskultur vergeht die Zeit immer so schnell und man lernt wirklich praxisbezogen“,

so Stephanie Schieritz, die Nachhaltigkeitsbeauftragte der Bäckerei Bergmann.

Matthias Bergmann, einer der Geschäftsführer ergänzte:

„Es war wie immer eine Freude zu sehen, mit welcher Leichtigkeit in der Kooperation mit dem Mittelstand-Digital Zentrum Zukunftskultur auf dem Papier schwierig klingende Buzzwords (beispielsweise Multiplikatorenschulung) in der Praxis einfach umgesetzt und greifbar dargestellt werden. (…) Jeder hat ein Thema gehabt und in kürzester Zeit konnten wir die komplexen Themen einer Schulung durchgehen, jeder konnte mitmachen“.

Matthias Bergmann, einer der Geschäftsführer

Matthias Bergmann erklärte, auch im Anschluss, sehr gern für Anfragen und Informationsaustausch mit anderen Unternehmen zur Verfügung zu stehen.

DOS & DON’TS

Dos:

  • Einbeziehung aller Hierarchieebenen im Unternehmen
  • Entwicklung von Konzepten und Zeitrahmen der Maßnahmen, die zum operativen Tagesgeschäft passen und die Beschäftigten und Führungskräfte nicht überlasten
  • Berücksichtigung, dass Führungskräfte nicht automatisch auch Trainer/Lehrer sind – und ihnen entsprechende Schulungen geben

Don’ts:

  • Zu viele Maßnahmen auf einmal planen
  • Davon ausgehen, dass alle Beschäftigten das gleiche Ziel – gerade beim Thema Nachhaltigkeit – haben

Projektstatus: abgeschlossen

100 %

Kontaktmöglichkeit

Prof. Dr. Winfried Graf

WG@Berlin-Digital-Group.com

030 45087183

SCHLAGWORTE