Purpose: Wo(für) steht Ihr Unternehmen in der Gesellschaft?

Purpose in Unternehmen


25. September 2023 | Von Thomas Pleil

Vielleicht haben Sie sich schon lange gefragt, was die ganze Diskussion rund um „Purpose“ soll. Ist das wirklich mehr als einer der Trends, wie sie dem Klischee nach öfter aus der Beraterzunft kommen? Und was bringt es einem kleinen oder mittelständischen Unternehmen (KMU), sich hierüber überhaupt Gedanken zu machen? Vorab: Langfristig kann das die Führung und Weiterentwicklung eines Betriebs sehr gut unterstützen, zeigen regelmäßige Analysen.

Im ersten Moment klingt die Frage nach dem Sinn eines Unternehmens wahrscheinlich etwas abstrakt. Wenn man aber ein bisschen genauer hinschaut und aus einer gesellschaftlichen Perspektive auf ein Unternehmen schaut, wird es schon viel spannender. Und da stellt sich zunehmend die Frage nach den Werten, dem Sinn und sogar der Existenzberechtigung eines Unternehmens. Zumindest sehen sich Unternehmen von außen zunehmend mit diesen Fragen konfrontiert. Denn Klimakrise, zunehmende soziale Unterschiede, Digitalisierung oder die Frage nach sinnhafter Arbeit führen dazu, dass Unternehmen von außen betrachtet in Frage gestellt werden. Und deshalb sollten sie es vorher selbst tun. Das Positive: Es ist gut untersucht, dass ein klarer Purpose nicht einfach ein Beruhigungspflaster für kritische Geister in der Gesellschaft ist, sondern letztlich ein ökonomischer Erfolgsfaktor.

Warum ist Purpose wichtig?

Doch der Reihe nach: Was ist eigentlich Purpose und warum ist er denn so wichtig? Erklärt ist „Purpose“ schnell: Beschrieben wird damit der Zweck eines Unternehmens – und dabei wird ein Bezug zu seinem Umfeld bzw. zur Gesellschaft hergestellt. Google zum Beispiel will die auf der Welt verfügbaren Informationen organisieren und zugänglich machen. Eine große Mission ist das. Aber Sie ahnen schon: Auch ein Handwerksbetrieb kann eine Mission formulieren. Vielleicht sagt ein Heizungsbaubetrieb: „Wir bringen nachhaltige Wärme in die Wohnung.“ 

Man könnte nun natürlich sagen: Ach, das ist ja alles ganz einfach, besonders für ein mittelständisches Unternehmen. Da ist einiges dran. Denn im Gegensatz zu einem Konzern mit etlichen Geschäftsfeldern ist bei den meisten KMU ziemlich klar, wofür sie stehen. Wichtig aber sind zwei Aspekte:

  • Der Purpose formuliert ein klares Ziel und er beschreibt keinen Ist-Zustand. „Wir sind Marktführer im Gebiet xy“ ist also ein toller Erfolg – aber kein Purpose. Es geht nicht um interne Erfolgskriterien wie Wachstum, Ertrag oder die Marktposition, sondern um eine größere Aufgabe in der Gesellschaft, an der sich ein Unternehmen beteiligt. Wichtig ist, bei der Formulierung eines Ziels, über den eigenen Tellerrand zu schauen und den gesellschaftlichen Beitrag des Unternehmens zu überlegen bzw. zu entwickeln.
  • Dieser Purpose muss dann auch konsequent kommuniziert und gelebt werden. Ein Unternehmen, das es ernst mit den getroffenen Entscheidungen meint, wird jede neue Geschäftsidee daran messen. Damit das Ganze jedoch ernst genommen wird und bekannt ist, muss der Purpose unternehmensintern, genauso wie nach außen, kommuniziert werden.

KMU im Vorteil – aber nicht ohne Hausaufgaben

Nach aller Erfahrung tun sich also KMU leichter, ihren Purpose zu formulieren und dann ihre Geschäftsstrategie daran auszurichten. Aber sie tun sich oft schwerer damit, das auch nach innen und außen zu kommunizieren. In unseren Sprechstunden zeigt sich regelmäßig, dass sich Unternehmer*innen schwertun, sich vom Wettbewerb abzugrenzen. Damit fehlen ihnen aber Argumente, warum gerade sie beauftragt werden sollten. Unsere Empfehlung ist dann immer, sich nicht nur durch Preis und Qualität darzustellen, sondern eben auch durch ein Versprechen, das die Werte und Ziele des Unternehmens deutlich macht. Kurz: eben den Purpose.

Was aber sind nun genau die Vorteile eines klar formulierten Purpose? Insgesamt dient er als Richtschnur des Unternehmens – und zwar für alltägliche Entscheidungen, besonders aber für strategische Weiterentwicklungen. Folgende Aspekte haben sich in Studien als Vorteile eines klar formulierten Purpose herausgestellt:

  • Er erleichtert die Kommunikation nach innen und außen, also PR und Marketing. Denn auf Grundlage des Purpose lassen sich klare Botschaften entwickeln. Dabei unterstützt der Purpose auch die Positionierung gegenüber anderen Anspruchsgruppen wie z.B. Politik oder der regionalen Öffentlichkeit.
  • Im Personalmarketing unterstützt der Purpose, passende Kandidat*innen auszuwählen und vor allem aber anzulocken. Vor allem jüngere Bewerber*innen achten verstärkt darauf, wofür ein Unternehmen gesellschaftlich steht.
  • Unternehmen mit einem klaren Purpose, mit dem sich Mitarbeitende identifizieren, haben im Durchschnitt zufriedenere Beschäftigte und weniger Fluktuation. Ein wichtiger Grund: Die meisten von uns sind motivierter, wenn wir wissen, dass wir nicht nur zum Geldverdienen arbeiten, sondern etwas Sinnvolles tun.
  • Purpose erleichtert Entscheidungen bei der Akquise von Aufträgen (vgl. Beispiel unten) und der Entwicklung der Geschäftsstrategie.

Gewichtet man diese Argumente, so zeigt sich, dass Purpose in vielen Unternehmen vor allem nach innen wirkt, ähnlich wie eine Leitplanke. Für die Kommunikation nach außen ist vor allem zu beachten, dass Absicht und tatsächliches Handeln nicht im Widerspruch stehen. Ist das gegeben, kann ein Unternehmen glaubwürdig und stark kommunizieren.

Vorgehen: Wie kommt man im Mittelstand zum Purpose?

In vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen ist Purpose Chefsache. Das liegt insofern nahe, weil die Inhaber*innen die Gesamtverantwortung für das KMU haben und gerade mittelständische Unternehmen typischerweise sehr von der Unternehmerpersönlichkeit geprägt sind. Ist Purpose wirklich eine Top-down-Angelegenheit, also ein Thema, das von oben durchgesetzt wird?

Wir im Mittelstand-Digital Zentrum Zukunftskultur sehen das etwas differenzierter: Die Unternehmensführung hat nach unserem Verständnis die Verantwortung für den Prozess der Entwicklung und Umsetzung des Purpose. Und sie hat inhaltlich eine Richtlinienkompetenz. Das schließt aber eine Beteiligung der Mitarbeitenden im Entwicklungsprozess ein. EIne solche Beteiligung bringt auf jeden Fall eine größere Identifikation und mehr Ideen und Wünsche in die Diskussion. So kann auf einem Workshop mit freiwilliger Teilnahme beispielsweise herausgearbeitet werden, welche verbindenden Werte es im Betrieb gibt und in welcher Rolle die Mitarbeitenden ihre Firma im gesellschaftlichen Umfeld sehen würden. Oftmals gibt es zum Beispiel starke Verbindungen zur regionalen Vereinslandschaft oder zu regionalen Entwicklungen, die für die Formulierung des Purpose relevant sein könnten. 

Am Ende sollte ein Purpose-Statement entstehen, das gut verständlich ein Ziel formuliert, das die gesellschaftliche Rolle des Unternehmens sichtbar macht. 

Ist dies geschehen, beginnt die Kommunikation nach innen und außen und der Purpose wird in die relevanten Abläufe im Unternehmen einbezogen, beispielsweise in die Personalstrategie, einschließlich Weiterbildung, das Onboarding von Beschäftigten etc.

Praxisbeispiel: Alle Kundenwünsche erfüllen?

Der Inhaber einer Werbeagentur berichtete in einem Workshop, dass er Nachhaltigkeit besser in seinem Unternehmen und dessen Kultur verankern möchte. Es zeigte sich, dass es sich die Agentur zum Ziel gemacht hat, alle Kundenwünsche zu erfüllen. Das aber führt dazu, dass die Agentur bisher ohne zu zögern nicht nachhaltige Wünsche ihrer Kund*innen umgesetzt hat. Dies wurde lange Zeit kaum hinterfragt. Inzwischen fühlt sich das Unternehmen nicht mehr wohl damit, wusste aber nicht, ob es eine Alternative gibt.

Wir haben im Workshop herausgearbeitet, dass es bei solchen Fragen nicht allein um Wirtschaftlichkeit geht, sondern sehr stark auch um Werte. Und dass es sinnvoll ist, wenn im Unternehmen – und damit mit den Mitarbeiter*innen – offen über die Werte der Agentur gesprochen wird und eine gemeinsame Grundlage formuliert werden sollte: der Purpose. Dem vorausgegangen war die Erkenntnis, dass die Agentur auch im Sinne ihrer Kund*innen sehr gut arbeiten würde, wenn sie vor der Umsetzung eines Auftrags so viel Beratung gibt, dass die Kund*innen eine informiertere Entscheidung treffen könnten und alternative Leistungen auch unter Aspekten der Nachhaltigkeit beurteilen könnten. Der Inhaber ging mit der Überlegung zurück in seinen Betrieb, dass ein Purpose hilfreich wäre, der grob in die folgende Richtung geht: „Wir möchten in unseren Geschäftsfeldern einen Beitrag zu Nachhaltigkeit leisten und zu entsprechenden Entscheidungen befähigen.“

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