Unternehmenskultur: Chance oder Hemmschuh für die Kommunikation?

Unternehmenskultur


25. September 2023 | Von Thomas Pleil

Wie nehmen wir eine Unternehmenskultur wahr? Stellen Sie sich vor, Sie haben zum ersten Mal mit einem Unternehmen zu tun. Ihr erster Eindruck wird vermutlich durch mehrere Faktoren geprägt. Nehmen wir einen typischen Fall: Sie suchen im Internet nach einem Lieferanten. Sie finden mit der Suchmaschine verschiedene Anbieter*innen und klicken sich durch. Meist wird nicht der Preis das erste Kriterium sein, warum sie ganz schnell weiterklicken oder sich genauer informieren. Denn erst einmal machen Sie sich ein Bild: Ist der Anbieter seriös und professionell, kann ich ihm vertrauen? Und: Habe ich den Eindruck, dass er auf mein Anliegen eingehen wird?

Die Unternehmenskommunikation antizipiert solche Fragen und hat die Aufgabe, sie bestmöglich zu beantworten. Denn im Kopf gehen Sie bei Ihrer Recherche blitzschnell und wahrscheinlich unbewusst viele Einzelfragen durch, um sich ein Bild von dem Ihnen bisher fremden Anbieter zu machen. Zum Beispiel: Wie professionell ist die Website gestaltet? Wie ist die Bildsprache? Finde ich die notwendigen Informationen auf Anhieb? Und so weiter. Doch halt: Geht es hier jetzt um professionelle Webauftritte oder um Unternehmenskultur? Beides. 

Selbst am Webauftritt wird Unternehmenskultur sichtbar

Einige Elemente eines Webauftritts spiegeln auch die Kultur eines Unternehmens wieder. An ein paar Gegensätzen wird dies deutlicher:

  • Sieht man nur nüchterne Produktbilder – oder auch Mitarbeitende, die stolz und nahbar ihren Betrieb repräsentieren?
  • Ist die Sprache distanziert, technokratisch, bürokratisch – oder ist sie gut verständlich, gelegentlich vielleicht erzählend und inklusiv?
  • Werden nur Informationen des Unternehmens dargestellt – oder werden auch Rezensionen oder Rückmeldungen von Kund*innen gezeigt, gibt es vielleicht sogar einen Community-Bereich, in dem sich Kund*innen vernetzen und diskutieren können?

Fragen wie diese deuten nicht nur auf gutes oder weniger gutes Marketing hin. Vielmehr zeigt der Umgang mit solchen Details, wie ein Unternehmen tickt. Die Unternehmenskommunikation wird also Ausdruck der Unternehmenskultur. Und das gilt natürlich nicht nur für den Online-Auftritt des Unternehmens, sondern für jedes Feld der Unternehmenskommunikation.

Ähnliche Fragen kann man in Bezug auf andere Zielgruppen genauer anschauen. Drei Beispiele:

  • Wie funktioniert die Kommunikation von Veränderungen im Betrieb?
  • Erhalten die Mitarbeiter*innen eine Verlautbarung oder wird ein Dialog gestartet?
  • Werden die Mitarbeiter*innen womöglich einbezogen, um Ideen oder Meinungen gebeten?

Und wie ist es mit neuen Mitarbeiter*innen? Werden ihnen neben Arbeitsabläufen und -anweisungen auch die typischen Gepflogenheiten ihrer neuen Firma vermittelt? Oder müssen sie selbst schauen, wo sie möglicherweise anecken, weil sie informelle Regeln (noch) nicht kennen?

Spätestens hier stellt sich die Frage: Was hat es nochmal gleich mit der Unternehmenskultur auf sich? Einfach gesagt: Wir sprechen über die Werte und Normen in einem Unternehmen. Und diese beeinflussen Verhalten, Emotionen und die Kommunikation. Dabei kann „Kommunikation“ wiederum auf zwei Ebenen betrachtet werden: Erstens die zwischenmenschliche und persönliche Kommunikation, die zwischen Kolleg*innen, aber auch im Rahmen von Führungskommunikation stattfindet. Und zweitens die Unternehmenskommunikation, die strategisch angelegt ist, also zum Beispiel die interne Kommunikation, das Marketing oder das Employer Branding.

Corporate Identity und Kommunikationsstil

Betrachten wir im Folgenden die Unternehmenskommunikation, denn diese sollte bewusst geplant und umgesetzt werden. Dabei gibt es ebenfalls zwei wichtige Bausteine in Bezug auf die Unternehmenskultur zu betrachten: Die Identität und den Kommunikationsstil des Unternehmens.

Hier kommt der Begriff der Corporate Identity ins Spiel. Sie setzt sich zusammen aus unterschiedlichen Symbolen, die in der Kommunikation verwendet werden und Einfluss auf das Image eines Unternehmens haben. Zu diesen Symbolen gehören nicht nur das Logo oder Festlegungen für das Design, sondern auch das Leitbild und unternehmensweite Regeln (z.B. zur Arbeitssprache, zum Duzen oder Siezen). Insgesamt bauen Kommunikations- und Marketingstrategien auf der Corporate Identity auf. Nebenbei: Die Corporate Identity ist nur ein Baustein einer Unternehmenskultur; es gibt dort auch informelle und damit auf ersten Blick nicht sichtbare Elemente, die sich ggf. auch zwischen Teams unterscheiden können. Die Corporate Identity als für alle sichtbares Element hat jedoch einen stärker bindenden Charakter und macht nach innen und außen deutlich, worin sich Firma A von ihrer Konkurrenz unterscheidet, lässt man Produkt und Preis außen vor.

Doch was hat es nun mit dem Kommunikationsstil auf sich? In der Forschung zu Public Relations (PR) wurde bereits vor etwa vierzig Jahren festgestellt, dass Unternehmen typischen Kommunikationsmustern folgen. Das eine Extrem hat propagandistische Züge: Sehr simpel ausgedrückt wird hier lautstark kommuniziert, wie toll das Unternehmen und seine Produkte sind, wobei die Wahrheit oder eine differenzierte Darstellung hier nicht unbedingt wichtig sind. Am anderen Ende der Skala der Kommunikationsstile ist die dialogorientierte, symmetrische Kommunikation. Hier werden die Zielgruppen als wirkliche Kommunikationspartner*innen gesehen, das Unternehmen hört seinen Zielgruppen zu, versucht Erwartungen und Reaktionen zu verstehen und bezieht diese bei der Entscheidungsfindung ein. 

Unternehmenskommunikation: Dialog bringt mehr Erfolg als Propaganda

Zu solchen Kommunikationsstilen wurde viele Jahre geforscht. Nach hunderten untersuchten Unternehmen hat sich bestätigt, dass Firmen besonders erfolgreich sind, wenn sie dialogorientiert kommunizieren. Dies zeigt sich in vielen Bereichen: Mitarbeitende kündigen seltener, Veränderungen laufen erfolgreicher, die Zufriedenheit und Bindung von Kund*innen ist höher uns insgesamt sind diese Unternehmen profitabler. Der Grund ist einfach: Dialogorientierte Kommunikation erfolgt nicht über die Köpfe der Menschen hinweg, sondern die relevanten Personen und Zielgruppen werden eingebunden und als Kommunikationspartner*innen verstanden. Das hat den ersten Vorteil, dass das Unternehmen nicht nur Erwartungen und Wünsche dieser Zielgruppen besser versteht. Der zweite Vorteil: Erfahrungen und Know-how möglichst Vieler werden so bestmöglich genutzt.

Doch zurück zur Unternehmenskultur. Ist sie wirklich so wichtig? Ja. Denn je nach Kultur hat ein Unternehmen ganz unterschiedliche Möglichkeiten bzw. Begrenzungen in seiner Kommunikation. Ein letztes Beispiel: Ein Unternehmen, in dem eine Kultur der Angst und Kontrolle herrscht, wird kaum in einen glaubwürdigen Dialog mit seinen Zielgruppen gehen können, sondern in der Kommunikation eher auf Verlautbarungen setzen. Seine kommunikativen Chancen sind also durch die Unternehmenskultur begrenzt. Und das wirkt sich – Sie haben es geahnt – auf die Chancen aus, gute Lösungen für die Zukunft zu entwickeln, Veränderungen erfolgreich umzusetzen, Mitarbeitende zu gewinnen oder Kund*innen.

Unternehmenskultur schafft Identifikation

Moderne Unternehmen verstehen sich als Marke. Das macht sie abgrenzbar gegenüber anderen und soll sie für Kund*innen und (potenzielle) Mitarbeiter*innen erlebbar machen. Internes Branding hat das Ziel, die Prinzipien des Brandings innerhalb des Unternehmens anzuwenden. Es geht also um Werte und Versprechen einer Unternehmensmarke. Es sollte zum Beispiel klar werden, was die Mitarbeit in einem Unternehmen auszeichnet – angefangen von den Arbeitsbedingungen über Fragen der Weiterentwicklung bis zur Beteiligung von Mitarbeitenden. Natürlich mündet all dies in die Frage, wofür das Unternehmen insgesamt steht. Je klarer und je weniger widersprüchlich diese Aspekte kommuniziert werden, desto besser sind in aller Regel Orientierung und Identifikation der Mitarbeitenden und je erfolgreicher entwickeln sich Unternehmen und veränderten Bedingungen.

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